Sisyphos ist nicht mehr allein. Die siebzehn Staats- und Regierungschefs der Eurozone gesellen sich zu ihm. Auch sie rollen immer wieder einen Felsblock den Berg hinauf und sehen zu, wie er wieder herunterpurzelt. Nicht umsonst nennt man ihr Treffen einen "Gipfel“.
Eine sinnlose Arbeit, ohne einen anderen Zweck als sich selbst, ohne ein anderes Ziel, als dieselben, für die Menschen entmutigend unnützen Taten unaufhörlich zu wiederholen. Achtzehn Monate nach Beginn der Griechenlandkrise, versinken die Länder "am Rande" der Union — kurzum jene, die kulturell oder geografisch am Weitesten von Deutschland entfernt sind — in der Rezession und der politischen Krise.
Und nun werden sie gleich dreifach abgestraft: knallharter Sparkurs, Aufwertung der im Verhältnis zur Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder schon überbewerteten Währung, sowie Misstrauen der Finanzmärkte, die überzogene Zinsen verlangen. Dieser Weg kann kein Heil bringen. Die paar hundert Milliarden des Rettungsfonds sind schnell aufgebraucht. Und neue Geldspritzen würden die letzten Garanten für das Überleben des Systems — Deutschland und die EZB — nur schwächen. Früher oder später ist damit Schluss.
Am Ursprung dieser Krise steht das ewige Problem jeder Währungsunion: Man möchte gratis speisen. Zehn Jahre lang haben die Gäste an der Tafel des Euro geschlemmt, ohne an die Rechnung zu denken. Dank der Dummheit der Anleger und dank der Garantien aus Berlin verschuldete man sich weiter. Nun kommt die Rechnung dafür. Und sie ist viel zu teuer für die unverschämten Tafelgäste, die urplötzlich dabei sind zu verhungern. Bedauerlich aber wahr: Werden die zuvor Maßlosen immer weiter bestraft, riskieren wir, sie umzubringen.
Es gibt nur zwei Lösungen für die Eurokrise, nicht drei: Die Last der überschuldeten Länder zu reduzieren, das heißt die Anleger zur Kasse bitten, oder aber den Euro-Ausstieg ebenjener Länder zu organisieren. Hören sie es nicht donnern, lieber Leser? Platz, Platz! Die Siebzehn erklimmen den Felsen. Der EU-Gipfel kann beginnen.