Das Finale der Fußballweltmeisterschaft ist also europäisch. Und besser noch wird das Siegerteam das erste in der Geschichte sein, das sich außerhalb des Alten Kontinents zu behaupten wusste. Die niederländischen Oranje gegen die spanischen Roja, das Finale zeigt den europäischen Fußball weiterhin ganz oben, obwohl er nach der ersten Runde schon für erledigt gehalten wurde. "Ein Kontinent im Abseits", titelte Presseurop bei der Veröffentlichung eines Artikels der Stampa am 22 . Juni. Die eher mittelmäßigen Leistungen der meisten europäischen Teams zu Beginn der Weltmeisterschaft schienen den Einflussverlust Europas auf der Weltbühne widerzuspiegeln: Nach der Diplomatie und der Wirtschaft verlor Europa nun auch das runde Leder.

Die Versuchung das, was auf dem Spielfeld stattfindet, in das öffentliche Leben zu projizieren, ist allen europäischen Ländern gemein. In Deutschland versicherten die Kommentatoren, dass die Regierungskoalition von Angela Merkel nur mit einem Sieg der deutschen Mannschaft in Südafrika Bestand haben könne.

In Frankreich und Italien waren einige der Meinung, dass die Ehre der ganzen Nation durch das Ausscheiden der Bleus und der Squadra Azzura beschmutzt wurde, während gleichzeitig der Platz der Ausländer in der Mannschaft und in der Gesellschaft in Frage gestellt wurde. Im Gegensatz hierzu ist in Spanien augenblicklich die Polemik über den Status von Katalonien bei den hervorragenden Leistungen der Nationalmannschaft eingeschlafen, die hauptsächlich aus Spielern aus Barcelona besteht.

Auch wenn man nicht leugnen kann, dass das Fußball eine immer wichtigere Rolle in der Wirtschaft und im gesellschaftlichen Leben spielt, sollte man doch keine voreiligen politischen Schlüsse aus den Zufälligkeiten des Spielfeldes ziehen. Was der Sieg der Niederlande oder Spaniens zeigen wird, ist, dass der Europessimismus heute alle unseren Aktivitäten umschließt, aber dass er nicht immer fundiert ist. Zu einer Zeit, in der die amerikanische Presse wie z.B. The American Interestoder die Time vermehrt Titel zum Niedergang Europas bringt, könnte ein bisschen Eurooptimismus gar nicht schaden. (sd)

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Eric Maurice

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