Leipzig – Die Utopie der Neo-Hippies

Cyril Marcilhacy besucht Leipzig und seine etwa fünfzig „Hausprojekte“, in denen mitten in der Wohnungskrise mit anderen Wohnformen experimentiert wird. Es entsteht ein "neues Berlin", das sich der Gentrifizierung entziehen will.

Veröffentlicht am 31 August 2020
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Deutschland ist mit rund 51,4% das europäische Land mit der niedrigsten Wohneigentumsquote, knapp vor Österreich. Um Leipzig für die eigenen Einwohner erschwinglich zu halten, veröffentlichte die Stadt 2015 eine Richtlinie zur Förderung alternativer Lebenswelten. Sie hat das Netzwerk "Leipziger Freiheit" ins Leben gerufen, in dem sich zahlreiche Vereine und Genossenschaften zusammengeschlossen haben, um daran mitzuarbeiten. 

Fünfundzwanzig Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und der Flucht vieler Einwohner in den Westen gibt es in Leipzig, dem ehemaligen Industriezentrum der DDR, immer noch viele leere oder zu sanierende Flächen. Die Bewohner haben diese Orte in "Hausprojekte" verwandelt, eine Art von Gemeinschaftsbesitz, in dem sie andere Lebensweisen erfinden, billiger und im Kollektiv. Manchmal ist es ein von der Stadt unterstützter Vermieter, der seine Immobilie an junge Leute ohne finanzielle Ressourcen vermietet – oft im Austausch gegen kleine Jobs. Ein anderes Mal sind es fünfzig Personen, die gemeinsam ein Gebäude kaufen und es dann in Wohnungen aufteilen. Ihr Ziel? Diese Liegenschaften dem Immobilienmarkt und dem Appetit  der Spekulanten zu entziehen und dafür zu sorgen, dass die Menschen langfristig  billigen Wohnraum in der Stadt finden können. In Leipzig gibt es rund 50 Hausprojekte. Für ihre Kreativität hat sich die Stadt den Spitznamen "Neues Berlin" verdient. Doch während die deutsche Hauptstadt sich rasch gentrifiziert, hofft Leipzig, noch lange ein Land der Freiheit und des Erfindungsreichtums bleiben zu können.

Vorgeschlagen von Constance Decorde

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