Aber bei Deutschen, sagt ein junger Mann, gibt es doch auch Missstände, nicht nur bei Türken. Necla Kelek kennt diesen Einwand, sie hört ihn immer wieder. Ihr Gesicht verzieht sich, aber bevor Spott sichtbar wird oder Häme, gelingt ihr knapp ein mildes, nachsichtiges Lächeln, und sie sagt im Bekennerton: "In Deutschland ist auch ganz vieles nicht in Ordnung." Der junge Mann ist zufrieden, und Necla Kelek bekennt später noch, dass gewiss nicht alle Muslime in Deutschland ein Problem für die Demokratie seien, die meisten sicher nicht, aber ein paar eben doch, und die seien nun einmal ihr Thema. Sie kümmere sich um die Probleme.
Necla Kelek, 52, Deutsche mit türkischen Wurzeln, sitzt im Kulturzentrum von Achim bei Bremen und hat gerade aus ihrem neuen Buch "Himmelsreise" gelesen. Es wirft einen kritischen Blick auf den Islam und prangert Unfreiheit und Unterdrückung in türkischen Gemeinden und Familien in Deutschland an. Wegen solcher Ansichten ist Kelek derzeit eine umstrittene Frau. Die Süddeutsche Zeitung hat sie zur "Hasspredigerin" erklärt, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zur "heiligen Kriegerin". Sie wird dabei immer in einem Atemzug mit Henryk M. Broder genannt, der Autor beim SPIEGEL ist.
Das Interessante an Necla Kelek ist, dass sie all die Begriffe verteidigt, die das Fundament der Gesellschaft in Deutschland bilden: Freiheit, Demokratie, Aufklärung, säkulare Ordnung, Bürgergesellschaft. Aber damit zieht sie unter Deutschen scharfe Kritik auf sich. Sie ist eine Frau, die irritiert. Warum? Zum Originalartikel von Dirk Kurbjuweit im Spiegel...