Analyse Illegaler Online-Handel

Russische Unternehmen umgehen EU-Sanktionen mit Polens Hilfe

Russische und belarussische Unternehmen haben einen Weg gefunden, die wirtschaftlichen Sanktionen der EU im großen Stil zu umgehen. OKO Press hat aufgedeckt, wie die sanktionierten Güter ins Land kommen und verkauft werden.

Veröffentlicht am 3 November 2022 um 16:35

Trotz rechtlicher Einschränkungen wird weiter mit Russland gehandelt. Obwohl Verstöße gegen die EU-Sanktionen mit hohen Geld- oder sogar Haftstrafen geahndet werden, finden die russischen Unternehmen ironischerweise in Polen weiterhin problemlos Geschäftspartner und Lagerräume.

In Russland ist das polnische Online-Verkaufsportal Allegro.pl sehr beliebt. Üblicherweise werden die über Allegro verkauften Waren nach Kaliningrad verschifft. Meist handelt es sich dabei um Produkte mit mehreren Verwendungszwecken, die auch beim Militär Anwendung finden – genau das ist der Grund,(aus dem) der Verkauf nach Russland und Belarus mittlerweile verboten ist. Und dennoch werden sie genau wie andere Produkte westlicher Firmen, die sich eigentlich mit Beginn des Ukraine-Kriegs vom russischen Markt zurückgezogen hatten, weiterhin nach Russland geliefert.

Wirtschaftssanktionen sind leicht umgehbar 

Im Rahmen der wirtschaftlichen EU-Sanktionen gegenüber Russland wurde der Verkauf bestimmter Waren nach Russland verboten. Wie oben beschrieben geht es dabei hauptsächlich um Produkte mit mehreren Verwendungszwecken, aber auch um High-Tech-Produkte und Luxusgüter wie etwa Uhren und Schmuck.

Wegen dieses Verbots haben sich viele westliche Firmen vom russischen und belarussischen Markt zurückgezogen (gegen Belarus gibt es ebenfalls Sanktionen, die aber deutlich schwächer ausfallen). Die Waren vieler Unternehmen aus Europa und den USA sind also in diesen beiden Ländern „offiziell” nicht lieferbar. Doch diese Einschränkung erweist sich als leicht umgehbar, insbesondere für russische Unternehmen (meist Zwischenlieferanten), die nicht weit entfernt der EU-Außengrenze agieren. Nach dem Kauf einer Ware leitet der Kunde des russischen Zwischenhändlers eine zuvor an ihn übermittelte polnische Adresse an den polnischen Verkäufer weiter. Diese Adresse liegt meist nahe der Grenze.

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Informationen über die Lieferung von aus der EU importierten Waren auf dem Fastbox-Portal.

Sie führt zu einer Lagerhalle, deren Besitzer mit den russischen Zwischenhändlern zusammenarbeitet. Bei Problemen mit der Zahlung kommt der russische Zwischenhändler ins Spiel: An ihn überweist der Kunde das Geld. Nachdem es in Złotys gewechselt wurde, überweist dieser es an das polnische Zwischenlager. Der Rest ist ganz einfach: Sobald das Päckchen bei der polnischen Adresse angekommen ist, wird es an den Kunden in Russland oder Belarus versandt. Und der polnische Verkäufer kann ignorieren, dass seine Waren exportiert werden – schließlich hat er selbst sie nur an eine polnische Adresse geliefert.

Von Allegro nach Kaliningrad

Allegro ist nicht das einzige Verkaufsportal, das trotz der Sanktionen nach Russland exportiert: Die Zwischenhändler arbeiten für viele Online-Händler. Dazu gehört auch Fastbox, ein Unternehmen aus Kaliningrad, das auf den „Transport europäischer Waren” spezialisiert ist.

Wir liefern die verschiedensten Waren von europäischen, US-amerikanischen und asiatischen Online-Shops sowie der polnischen Seite Allegro an russische Adressen und in die CEI-Länder [die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, bestehend aus neun der 15 ehemaligen Sowjetrepubliken]”, heißt es in einer Fastbox-Veröffentlichung. Das Unternehmen übernimmt mit seinem eigenen Lager in Polen und eigenem Personal für den Versand nach Russland das gesamte Versandmanagement. Verschickt werden die Päckchen schließlich von der russischen Post oder von der polnischen Post über den internationalen Expressversand, der in allen CEI-Ländern außer Russland verfügbar ist.

Ein Angebot für Polen, von dem Russland profitiert

Fastbox geht noch einen Schritt weiter. Das Unternehmen führt ebenfalls einen großen Online-Handel, dessen Motto lautet: „Waren aus Europa, von Allegro.pl und anderswo – reduzierte Versandkosten.” Auf der Plattform (die hier nicht namentlich genannt wird, um sie nicht zu bewerben) findet man von europäischen Elektroartikeln und Mopedteilen über Parfüm bis hin zu Kinderspielzeug alles, was das Herz begehrt.

Die Seite hat nichts mit Allegro zu tun, ähnelt dem polnischen Portal aber stark. Selbst die unverwechselbare orangene Farbe wurde übernommen, der Name des Online-Portals beginnt mit „A”, viele Waren kommen von Allegro und die Fotos und Produktbeschreibungen des polnischen Online-Händlers werden direkt kopiert. Die Produktinformationen für einige Elektrogeräte wurden ins Russische übersetzt.

Das Angebot war ursprünglich für eine polnische Zielgruppe gedacht, doch das scheint die Russinnen und Russen nicht zu stören – ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Waren für sie durchschnittlich 15 bis 25 Prozent teurer sind. Beispielsweise kostet das iPhone14 PRO in Polen 7.199 Złotys [ungefähr 1.510 Euro] und auf dem russischen Portal 99.000 Rubel [etwa 1.580 Euro], also über 8.000 Złotys.

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