Schnell, ein Schuldenplan!

Seit Wochen lag es in der Luft: Nikosia steht kurz davor, die EU um eine Notfall-Hilfspaket von geschätzten 3-4 Milliarden Euro zu bitten. Damit will es seine von den griechischen Schulden gebeutelten Banken rekapitalisieren. Die Zeit drängt, berichtet die englischsprachige Tageszeitung Cyprus Mail.

Veröffentlicht am 13 Juni 2012 um 15:35

Die Zeit des Leugnens ist vorbei und ein Hilfegesuch um einen Platz unterm EU-Rettungsschirm immer wahrscheinlicher. Wir sollten uns jetzt Gedanken über den Zeitplan machen. Er könnte von entscheidender Bedeutung sein.

Jetzt, wo wir uns mit diesem Schritt abgefunden haben, ist es wohl besser, das Ganze möglichst schnell über die Bühne zu bringen. Auch wenn das gegen die eigentliche Regierungsphilosophie ist, nach der gern jede wichtige Entscheidung bis zur allerletzten Minute aufgeschoben wird.

Ein Schulden-Schirm wie in Spanien

Idealerweise hätten wir zeitgleich mit Spanien [um Hilfe] bitten sollen. Zumal man uns dann ähnlich behandelt hätte.

Klar hätte man uns neue Maßnahmen auferlegt und höchstwahrscheinlich ermahnt, die Löhne im öffentlichen Dienst zu kürzen, aber das Ganze wäre dann wenigstens auf kontrollierte und angemessene Weise geschehen.

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Diese Gelegenheit haben wir verpasst. Die Regierung sollte ihre Anfrage noch vor den griechischen Parlamentswahlen am Sonntag stellen. Deren Ausgang könnte die Eurozone nämlich ins Chaos stürzen.

Insbesondere wenn SYRIZA mit ihren linken Rettungsschirm-Gegnern den Austritt Griechenlands aus der Eurozone immer wahrscheinlicher macht und verheerende Schäden auf den Märkten anrichtet.

Diese Möglichkeit kann niemand ausschließen. Zumal Meinungsumfragen zeigen, dass sich SYRIZA und Neo Demokratia, die für den Rettungsschirm ist, bis zur letzten Sekunde ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.

Worauf warten wir noch?

Worauf wartet die Regierung also noch? Jedermann weiß, dass die Laiki-Bank regierungsgenehmigte Aktien ausgibt, mit denen sie nirgends die für die Rekapitalisierung der Bank benötigten 1,8 Milliarden Euro auftreiben wird.

Wir wissen auch, dass die EZB die Staatsanleihen nicht für Rekapitalisierungs-Zwecke akzeptiert (was zwangsläufig geschieht, wenn Staatsanleihen Ramsch-Status erreicht haben). Das bedeutet in etwa, dass [Zypern] noch vor Ende des Monats ganz sicher unter den Rettungsschirm muss.

Glaubt die Regierung ernsthaft, was ihr Sprecher behauptet? Dass ein anderes Land ihr vor Monatsende ein Darlehen gewährt und sie vor dem Rettungsschirm bewahrt?

Gewiss wäre es besser, die Hoffnung auf einen ausländischen Kredit gleich an den Nagel zu hängen und damit anzufangen, sich auf den Rettungsschirm einzustellen und ein Maßnahmenpaket zu schnüren.

Damit würde man sich auch die peinlichen Verhandlungen der Bedingungen des Rettungspakets nach dem 1. Juli ersparen, ab dem [Zypern] die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt.

Stimmen aus Brüssel lassen vermuten, dass die Regierung die Kommission bereits von ihrer Absicht unterrichtet hat, ein Hilfspaket zu beanspruchen. Unklar sei jedoch, wann [Zypern] das Hilfegesuch offiziell einreiche.

Hoffen wir, dass die Regierung ausnahmsweise eine Art Dringlichkeitsbewusstsein an den Tag legt – und zwar besser jetzt als gleich.

Rettungspaket

Maßgeschneidert ist angesagt

Die Rettung Zyperns, dessen Bankensektor 7,5 mal die Wirtschaftsleistung des Landes repräsentiert, wird vermutlich nicht den „klassischen“ Weg wie derzeit Griechenland, Irland oder Portugal gehen“, schreibt NRC Handelsblad. Für die niederländische Tageszeitung gibt es „zwei Präzedenzfälle, die vermuten lassen, dass sie Sache anders laufen wird, als viele Mitgliedsstaaten es sich vorstellen“.

Der erste Fall ist Spanien, dem es gelungen ist, EU-Hilfen zu bekommen, ohne dass die „Men in Black“ der Troika aus EU, EZB und IWF intervenierten, im Gegensatz zu Griechenland, Irland oder Portugal. Der zweite ist Irland, das wie Zypern Unternehmen besonders attraktive Steuerkonditionen gewährt (12,5 Prozent für 10 Prozent in Zypern) und mit der Troika die Beibehaltung dieses Satzes aushandeln konnte.

Diese beiden Präzedenzfälle bei denen man die Schuldner bedenkenlos ihre Darlehensbedingungen verhandeln sah, könnten Griechenland dazu verleiten, seinerseits die Bedingungen des Rettungsschirms neu zu verhandeln, sollte nach den Wahlen am 17. Juni die radikale Linke an die Macht kommen.

Wird Zypern sich ähnlich verhalten, um 4 Milliarden Euro Hilfe zu bekommen, wären wiederum die Iren unzufrieden, schreibt NRC weiter:

Warum stehen die Iren vollständig unter Kuratel, während Spanien mit einem Rettungspaket, das Madrid — zumindest noch — weitgehend verschont, nicht allzu schlecht dasteht?

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