Warum ist die extreme Rechte in Europa auf dem Vormarsch? Ein Artikel des amerikanischen Ökonomen Dani Rodrik liefert eine Synthese der sozioökonomischen Literatur zu diesem Thema. Dem Autor zufolge trägt die Globalisierung zusammen mit dem Freihandel, der Liberalisierung des Kapitals und der Automatisierung eine wesentliche Verantwortung für diesen Prozess, da sie bei einigen Bevölkerungsgruppen zu einer starken wirtschaftlichen Unsicherheit geführt hat.
Deindustrialisierung, Standortverlagerungen und die Verzerrung der Aufteilung von Kapital und Arbeit erfolgten zu ihrem Nachteil. Diese Situation hätte logischerweise der Linken zugutekommen müssen, doch den politischen Leitfiguren der extremen Rechten ist es gelungen, sie zu ihrem Vorteil zu wenden. Sie mobilisierten hierzu die ethnisch-nationale und kulturelle Kluft, d. h. sie konstruierten ein Narrativ, in dem die Ausländer oder Minderheiten die wahren Schuldigen sind.
Die europäische Migrationskrise von 2015 hat einen solchen Diskurs glaubhafter gemacht: In vielen europäischen Ländern hat er den öffentlichen Raum erobert. Rodriks Schlussfolgerung lautet , dass die politischen Entscheidungsträger heute vor der großen Herausforderung stehen, mit einer Globalisierung zu brechen, die auf die Bedürfnisse des Kapitals zugeschnitten ist, um einen Ausgleich zugunsten der Arbeit zu erreichen.
Frankreich scheint diesen Weg nicht gewählt zu haben, ganz im Gegenteil. Während nichts getan wird, um die stark verschlechterten Arbeitsbedingungen zu verbessern, und alles zusammenläuft, um das Misstrauen gegenüber Bezieherinnen und Beziehern des aktiven Solidaritätseinkommens und Arbeitssuchenden zu erhöhen, überschwemmt die Debatte über die Einwanderung den öffentlichen Raum, zur Freude der rechtsextremen Leitfiguren.