Überflüssig für Osteuropa?

In Brüssel beschlossen Europas Staats- und Regierungschefs einen Pakt für den Euro, der wie eine gemeinsame Garantie für die Einheitswährung wirken soll. Allerdings müssen die europäischen Institutionen jetzt den nötigen Mut aufbringen, diese Maßnahmen auch in die soziale und wirtschaftliche Realität zu überführen, schreibt ein ehemaliger rumänischer Diplomat.

Veröffentlicht am 28 März 2011 um 15:28

Es war richtig, dass Rumänien sich auf dem jüngsten EU-Gipfel vom 24. und 25. März dem Pakt für den Euro angeschlossen hat. Dieser Schritt wird sich auf lange Sicht auszahlen. Der Pakt ist die Frucht der Debatten, die seit 2008 und während der Wirtschaftskrise geführt wurden. Die europäische Kommission, das Parlament und die Mitgliedsstaaten müssen jetzt noch gemeinsam einen entsprechenden mehrjährigen Plan zur Haushaltskonsolidierung erarbeiten. Dieser muss dann durch Strukturreformen ergänzt werden, die schließlich zum Wirtschaftswachstum führen. Der Binnenmarkt spielt eine Schlüsselrolle für das Wirtschaftswachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, wobei konkrete Ergebnisse für die Unternehmen aber auch für die Bürger erwartet werden.

Zweifellos gab es den heftigsten Streit über den Euro-Plus-Pakt und den EU- Stabilitätsmechanismus. Diese beiden europäischen Instrumente sind schon für sich genommen Schwergewichte, aber darüber hinaus sind sie auch noch auf komplexe Weise miteinander verbunden. Das ist möglicherweise auch der Grund, warum vor dem entscheidenden Gipfel neun Länder, die mehrheitlich nicht den Euro eingeführt haben, einen gemeinsamen Brief an Kommissionspräsident José Manuel Barroso und den Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy geschickt haben. Darin riefen sie die EU dazu auf, neue Wege für eine nachhaltige Entwicklung nach der Krise zu erkunden. Dabei lag das Augenmerk der Unterzeichner zum einen auf der Wettbewerbsfähigkeit. Zum anderen aber unterstrichen sie, dass in Zukunft den Fragen der Globalisierung noch mehr Beachtung geschenkt werden solle. Gleichzeitig erinnerten sie auch daran, dass die Rolle der europäischen Institutionen eben auch sei, die Eigenheiten eines jeden Mitgliedsstaates zu berücksichtige.

Ungarn und Tschechien beim Euro-Plus-Pakt außen vor

In allen Mitgliedsstaaten Mittel- und Osteuropas wurde der Pakt von lebhaften öffentlichen Debatten über das Maßnahmenpaket für die Wirtschaft begleitet. Der Premierminister Bulgariens und auch sein rumänischer Amtskollege sprachen sich für den Beitritt ihrer Länder zum Euro-Plus-Pakt aus, schließlich wollen diese Länder der Eurozone beitreten. Der ungarische Premier Orban hingegen sprach sich gegen einen Beitritt Ungarns zum Pakt aus und erklärte, dass seine Position auch die Haltung der Opposition widerspiegele. In Tschechien, das dem Pakt aus Angst vor möglichen wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen ebenfalls fernblieb, kritisierten Vertreter der Opposition diese Haltung. Sie warfen der Regierung in Prag vor, sich nicht in den Entscheidungsprozess zur Zukunft der Union einzubringen.

Für Rumänien war der Beitritt zum Euro-Plus-Pakt und den anderen Entscheidungsmechanismen zum jetzigen Zeitpunkt genau richtig. Wie auch die anderen Mitgliedsstaaten wird das Land im April der EU-Kommission das nationale Reformprogramm vorlegen müssen. Die Beschlüsse des Rates zeigen, dass das Bestehen auf der Wettbewerbsfähigkeit dazu führen müsste, die „soziale Marktwirtschaft“ in der EU wieder anzukurbeln.

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Im Übrigen wurde auch versprochen, dass die Sozialpartner auf EU-Ebene vollständig in den Prozess der Entscheidungsfindung und Umsetzung der Strukturreformen eingebunden werden. Die rumänische Regierung in Bukarest hat sich diesen Zielen in dem Glauben verschrieben, Rumänien dadurch Vorteile zu sichern. Nun müssen die formulierten Sozial- und Wirtschaftsreformen auch mittel- und langfristig umgesetzt werden, und zwar unabhängig davon, welche Partei gerade regiert.

Aus dem Rumänischen von Ramona Binder

EU-Gipfel

Berlin bestimmt die Spielregeln

„Nichts Neues unter der Sonne“, fasst Joaquín Estefanía in der El País die Ergebnisse des EU-Gipfels vom 24. und 25. März in Brüssel zusammen. Im Wirtschaftsbereich beschränkt sich das Resultat auf den zu erwartenden Pakt „Euro Plus“, der den Wettbewerbspakt ablöst und zum Stabilitäts- und Wachstumspakt hinzukommt. „Das wirtschaftliche Europa mit seinen schüchternen Vorstößen, die sich mehr auf die Ausgabenkontrolle als auf die Harmonisierung der öffentlichen Gelder konzentrieren, gehorcht der deutschen Logik“, schreibt Estefanía. Den 17 Ländern der Eurozone, für die „die Bildung einer Wirtschaftsregierung Pflicht ist“, haben sich seiner Meinung nach sechs weitere Länder freiwillig angeschlossen: Polen, Dänemark, Bulgarien, Rumänien und Lettland. „Berlin hat wieder eine Art 'Checkpoint Charlie' eingerichtet, damit sich diejenigen, die vorgeben, mit der Einheitswährung und den vom mächtigsten (und dynamischsten) Land des Kontinents auferlegten Finanz- und Arbeitsmarktregeln zu arbeiten, in nur eine Richtung von einer Zone in die andere bewegen.“ Die Maßnahmen zur wirtschaftlichen Steuerung „sind weitestgehend ausgearbeitet worden, um der deutschen Kanzlerin Angela Merkel einen politischen Schutzmantel zu liefern, der es ihr ermöglicht, den finanziellen Beitrag ihres Landes zum europäischen Stabilitätsfonds zu erhöhen“,analysiert The Irish Times.

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