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Benchmarking und unklare Rechtslage – die Tricks der Finanzbranche für „grüne“ Anlagen

Vermögensverwaltungsgesellschaften wie Eurizon verwenden bei der Erstellung ihrer Investmentfonds Referenzindizes, die häufig fossile Energieunternehmen enthalten. Unter Ausnutzung von Schlupflöchern in den EU-Vorschriften können sie so „grüne“ Fonds anbieten, die in Wirklichkeit gar nicht grün sind. Dem kann mit strengeren Vorschriften entgegengewirkt werden.

Veröffentlicht am 2 November 2023 um 12:41
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Vermögensverwaltungsgesellschaften wie Eurizon verwenden bei der Erstellung ihrer Investmentfonds Referenzindizes, die häufig fossile Energieunternehmen enthalten. Unter Ausnutzung von Schlupflöchern in den EU-Vorschriften können sie so „grüne“ Fonds anbieten, die in Wirklichkeit gar nicht grün sind. Dem kann mit strengeren Vorschriften entgegengewirkt werden.

Vermögensverwaltungsgesellschaften stützen sich bei der Zusammenstellung ihrer Investmentfonds auf Referenzindizes, die sogenannten Benchmarks, die dazu dienen, die Wertentwicklung eines Finanzmarktes zu bewerten. Diese Indizes werden von Ratingagenturen bereitgestellt. Häufig berücksichtigen sie keinerlei ökologische und/oder soziale Merkmale, sondern beziehen im Gegenteil Unternehmen ein, die im hochprofitablen Sektor der fossilen Energieträger tätig sind.

Dank der semantischen Mehrdeutigkeiten der europäischen Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) kann Eurizon, eine Tochtergesellschaft der großen und einflussreichen italienischen Bank Intesa SanPaolo, die Kundenvermögen im Wert von 381 Milliarden Euro verwaltet, Fonds, die alles andere als umweltfreundlich sind, als "grün" anbieten. Dies gelingt ihr durch die Verwendung solcher Indizes, die nicht viel mit Umwelt und nachhaltiger Entwicklung zu tun haben. Unter Vermögensverwaltungsgesellschaften ist das eine sehr gängige Praxis, deren Mechanismen wir im Folgenden Schritt für Schritt erläutern.

Was ist ein Referenzindex?

Wie kann man schnell und einfach die allgemeine Wertentwicklung eines Marktes, z. B. des Marktes für Windenergie, beurteilen? Indem man einen Referenzindex erstellt. Dieser kann mit einer Note verglichen werden, deren Funktion darin besteht, die Effizienz eines Finanzmarktes anhand der Wertentwicklung der an ihm beteiligten Akteure zu bewerten. In unserem Windenergiemarkt sind verschiedene Hersteller von Turbinen tätig. Um die Dynamik des Sektors zu bewerten, wird daher ein Index erstellt, der diese verschiedenen Hersteller enthält, die alle unterschiedlich gewichtet sind: Große Unternehmen haben ein höheres Gewicht im Index, kleinere ein niedrigeres. Wenn also die Gewinne der großen Unternehmen steigen, wächst der Index stärker, während die Entwicklung der kleineren Unternehmen den Indexwert weniger beeinflusst.

Eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, die einen Fonds auflegen möchte, der in den Windkraftmarkt investiert, kann daher einen Index als Benchmark verwenden, der bereits eine Liste von in diesem Sektor tätigen Unternehmen enthält. Auf der Grundlage der Liste der im Index berücksichtigten Unternehmen legt sie dann ihren eigenen Investmentfonds auf. Die Verwaltung eines Fonds wird als „aktiv“ bezeichnet, wenn das betreffende Fondsmanagement nach seinen eigenen Kriterien bestimmte im Index geführte Unternehmen aus dem Portfolio ausschließt oder andere aufnimmt.

Bei einem Fonds, der auf die „ESG“-Kriterien (Umwelt, Soziales und Governance) abzielen will, d. h. eine Anlage, die auf sozioökologische Ziele ausgerichtet ist, würde man erwarten, dass sein Management einen Index mit Unternehmen verwendet, die in der Windenergie in Bereichen mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt tätig sind. Alternativ könnte es auf „dekarbonisierte“-Indizes zurückgreifen (die weniger oder gar nicht umweltverschmutzenden Unternehmen mehr Gewicht verleihen).

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