Graffito der Schauspielerin Claudia Cardinale im tunisischen Vorort La Goulette. Die Großeltern väterlicherseits der Schauspielerin, die in der großen italienisch-tunesischen Gemeinde geboren und aufgewachsen sind, waren ursprünglich Fischhändler aus Palermo. | Foto: ©Davide Mancini Graffito der Schauspielerin Claudia Cardinale im tunisischen Vorort La Goulette. Die Großeltern väterlicherseits der Schauspielerin, die in der großen italienisch-tunesischen Gemeinde geboren und aufgewachsen sind, waren ursprünglich Fischhändler aus Palermo. | Foto: ©Davide Mancini

Fischerei im Mittelmeer: Das löchrige Netz der Kontrollen. Der Fall Tunesien

Um die Erschöpfung der Fischbestände im Mittelmeer zu verhindern, hält die Europäische Union die europäischen Fischer dazu an, die Zahl der Fischereifahrzeuge zu verringern. Infolgedessen hat sich der Fischereiaufwand in Drittländer wie Tunesien verlagert. So werden die Umweltkosten der industriellen Fischerei externalisiert. Deren Erzeugnisse werden jedoch weiterhin auf dem europäischen Markt verkauft – ohne echte Garantien für ihre Herkunft und Umweltauswirkungen.

Veröffentlicht am 11 Juli 2023 um 15:41
Graffito der Schauspielerin Claudia Cardinale im tunisischen Vorort La Goulette. Die Großeltern väterlicherseits der Schauspielerin, die in der großen italienisch-tunesischen Gemeinde geboren und aufgewachsen sind, waren ursprünglich Fischhändler aus Palermo. | Foto: ©Davide Mancini Graffito der Schauspielerin Claudia Cardinale im tunisischen Vorort La Goulette. Die Großeltern väterlicherseits der Schauspielerin, die in der großen italienisch-tunesischen Gemeinde geboren und aufgewachsen sind, waren ursprünglich Fischhändler aus Palermo. | Foto: ©Davide Mancini
Dieser Artikel ist nur für Abonnent*innen von Voxeurop zugänglich

„Das Meer ist hart. Und die Arbeit ist auch hart, wenn die Großhändler den ganzen Gewinn für sich beanspruchen“. Das sagt der Erzähler in „Die Erde bebt“ aus dem Jahr 1948. Der Film von Luchino Visconti erzählt von der Ungerechtigkeit, der sizilianische Fischer aus einem kleinen Dorf in der Gegend von Catania zum Opfer fielen: Sie konnten ihre Familien nicht ernähren, weil der Preis für frisch gefangenen Fisch von den Großhändlern der kleinen Küstengemeinde niedrig gehalten wurde.

Fünfundsiebzig Jahre später ist die wirtschaftliche Dynamik des heutigen globalen Dorfes komplexer geworden, die Fischerei hat sich industrialisiert, und die wissenschaftlichen Erkenntnisse über ihre Auswirkungen im Mittelmeer haben die ersten Alarmsignale ausgelöst. Für viele Kleinfischer in den 22 Anrainerstaaten bleibt das Meer hart, aber auch für das marine Ökosystem selbst, dessen Fischbestände größtenteils überfischt sind.

Fischerboote im Hafen von Mazara del Vallo, Sizilien. | Foto: ©Davide Mancini
Fischerboote im Hafen von Mazara del Vallo, Sizilien. | Foto: ©Davide Mancini

In Mazara del Vallo äußerte sich im August 2022 der Kapitän und Reeder Mimmo Asaro über die Situation der Garnelenfischer von Mazara, deren Trawlerflotte in den letzten Jahren drastisch reduziert wurde. „Wenn die EU-Gesetze uns nicht umbringen, wollen wir weiter [vom Fischfang, Anm.d.Red.] leben. Wir wollen das Meer respektieren, aber was uns stört, ist, dass Nicht-EU-Länder sich nicht an dieselben Gesetze halten. Sie arbeiten zwölf Monate im Jahr. Wir hören auf, während sie fischen. Es gibt italienische Händler aus Tunesien, die zu einem niedrigeren Preis verkaufen als wir“, sagt er vom Deck seines Fischerbootes. „Es ist unlauterer Wettbewerb. Sie sind alle gegen uns.“


Das Beste vom europäischen Journalismus jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang!

In etwa 160 km Entfernung und einige Monate später, auf der anderen Seite des sizilianischen Kanals: Ashraf Hammami, ein tunesischer Reeder und Fischexporteur, sitzt in seinem Büro mit Blick auf den Hafen von Kelibia, einer Hafenstadt im Nordosten Tunesiens. Er vertritt eine andere Auffassung: „Die Einwohner von Mazara beklagen sich über das Privileg, das sie verloren haben. Seitdem der Fang an Bord eingefroren werden kann [typisch für Schalentiere, wie Garnelen, Anm. d. Red.], ist Sizilien nicht mehr konkurrenzfähig. Früher mussten wir Tunesier die Einwohner von Mazara zwischenschalten, die den Fang dann weiterverkauften. Jetzt ist das nicht mehr nötig, deshalb beschweren sie sich. Wir sind nicht mehr in den 1950er Jahren, als nur die Leute aus Mazara Boote hatten. Wenn die Sonne aufgeht, geht sie für alle auf. Wenn es zu wenig Fisch gibt, gibt es für alle zu wenig.“

In einem Punkt sind sich die beiden Unternehmer, die in den tiefen internationalen Gewässern des zentralen Mittelmeers um Fisch konkurrieren, jedoch einig: Wir brauchen eine von allen respektierte biologische Schonzeit, sonst droht vielen Meerestierarten, auch den rentabelsten, das Aus. Beide haben ihr ganzes Leben der Ausbeutung des Meeres gewidmet: Kapitän Asaro wurde in den 1990er Jahren im Golf von Gabes dreimal wegen Schleppnetzfischerei in tunesischen Gewässern verhaftet. Ashrafs Vater brachte 1978 das erste industrielle Fischerboot mit Gefriermöglichkeit an Bord nach Tunesien, das er in Mazara del Vallo gekauft hatte. „Wir haben die Arbeit des Schleppnetzfischens von den Leuten in Mazara erlernt. Wir haben das gleiche Gebiet gemeinsam ausgebeutet“, fügt Ashraf hinzu. 

Der Hafen von Kelibia, Tunesien, vom Büro von Ashraf Hammami aus gesehen. | Foto: ©Davide Mancini
Der Hafen von Kelibia, Tunesien, vom Büro von Ashraf Hammami aus gesehen. | Foto: ©Davide Mancini

Betrachtet man die Daten der letzten Jahrzehnte, die von der FAO über die Allgemeine Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) veröffentlicht wurden, so wird deutlich, dass der Fischereiaufwand in Italien zurückgegangen ist, während er in Tunesien gestiegen ist. Generell ist im Zeitraum zwischen 1970 und 2020 ein Rückgang der Gesamtfischmenge in den europäischen Ländern an der Nordküste des Mittelmeers und ein Anstieg in den Nicht-EU-Ländern an der Südküste zu verzeichnen. Der Rückgang des Fischereiaufwands in Europa in den letzten zehn Jahren ist auch das Ergebnis der Einsicht der Europäischen Kommission, die unter dem Druck von Umwelt-NGOs und angesichts alarmierender wissenschaftlicher Daten die Stilllegung von Fischereifahrzeugen wie denen in Mazara gefördert hat, um den Fischereidruck zu verringern und die Fischbestände zu erhalten.

Trotzdem ist die Fangmenge an marktfähigen Arten im Mittelmeer immer noch hoch. 73 Prozent davon sind überfischt, d.h. sie werden in nicht nachhaltigen Mengen aus dem Meer entnommen, wobei der Druck als doppelt so hoch angesehen wird wie die geschätzten biologischen Grenzen zur Sicherung der Fischbestände in naher Zukunft. Im Tyrrhenischen Meer und im zentralen Mittelmeer liegt die erfasste Menge der Rosa Garnele, Parapenaeus longirostris, deutlich unter dem nachhaltigen Niveau. Der Druck auf die Purpurgarnele hat in den letzten Jahren zugenommen, während die nach FAO/GFCM-Angaben am stärksten bedrohte Art der Seehecht (Merluccius merluccius) ist, der im sizilianischen Kanal besorgniserregend geringe Bestände aufweist. Alle diese Arten werden hauptsächlich mit Schleppnetzen gefangen.

[Anlandungen von Fischereierzeugnissen in Tonnen (Y) in italienischen und tunesischen Häfen von 1970 bis 2020. Quelle: The State of the Mediterranean and Black Sea Fisheries 2022]
Anlandungen von Fischereierzeugnissen in Tonnen in italienischen und tunesischen Häfen von 1970 bis 2020. | Quelle: The State of the Mediterranean and Black Sea Fisheries 2022

Vor hundert Jahren wurde der tunisische Vorort La Goulette wegen der Zehntausenden von sizilianischen Fischern, die dort lebten, „Klein-Sizilien“ genannt. Heute arbeiten die Italiener, die in Tunesien in der Fischerei tätig sind, oft, um die Marktchancen des Sektors an den EU-Außengrenzen zu nutzen, wo die Kontrollen milder sind, billigere Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und die Behörden eine tolerantere Haltung einnehmen. „Was in Italien vor 30 Jahren geschah, geschieht jetzt in Tunesien. In Mazara gab es früher 300 Fischerboote, heute sind es noch 70“, sagt Giamino Asaro (nicht verwandt mit Mimmo Asaro), ein sizilianischer Fischerbootbauer, der seit 2014 in Mahdia, einem kleinen Hafen nur 130 km von der italienischen Insel Lampedusa entfernt, lebt und arbeitet.

Asaro hat zusammen mit einem tunesischen Partner eine Werft für den Bau von Booten für verschiedene Arten der Fischerei gegründet. „Ich habe dreißig Boote in Mazara gebaut. Hier in Tunesien habe ich vier gebaut. Gerade stellen wir ein 35 Meter langes Thunfischboot für einen tunesischen Kunden fertig“. Die Metallteile des Thunfischbootes kommen aus einer Werft in Genua und werden hier unter der Aufsicht eines Ingenieurs, ebenfalls aus Sizilien, zusammengebaut, während die Arbeiter junge Tunesier und Subsaharier sind.

Bau eines Thunfischboots in der Werft von Giamino Asaro in Mahdia, Tunesien. | Foto: ©Davide Mancini
Bau eines Thunfischboots in der Werft von Giamino Asaro in Mahdia, Tunesien. | Foto: ©Davide Mancini

„Im Mittelmeerraum arbeiten Tunesier, Algerier, Ägypter und Italiener. Es gibt keine echte Politik der Europäischen Union. Warum werden Boote verschrottet, um Fisch aus Afrika zu importieren? Das sollte man nicht tun. Man muss versuchen, [den Sektor, Anm.d.Red.] zu verbessern, sonst werden die Fischerboote in Italien verschwinden, und alle Fischer werden hierher ziehen“.

Im Mittelmeerraum verfügen allein fünf Länder über die Kapazität, 64,1 % der Fischereierzeugnisse zu gewinnen, und zwar die Türkei (18,9), Italien (15,1), Tunesien (12,3), Algerien (9,1) und Ägypten (8,9) – wobei zu berücksichtigen ist, dass diese Daten auch das Schwarze Meer einschließen, wo die Türkei im Vergleich zu den anderen Ländern geographisch dominiert. Nach den Daten der FAO/GFCM ist die Gesamtzahl der Fischereifahrzeuge in diesen beiden Meeren zwischen 2020 und 2021 um 2,7 Prozent zurückgegangen. Die zahlenmäßig größten Flotten (mehr als 10.000 Schiffe) sind in der Türkei (17), Tunesien (15), Griechenland (14) und Italien (12) registriert.

Ein sizilianischer Fischhändler (der es vorzieht, anonym zu bleiben), der 2004 nach Nordtunesien zog und seit den 1980er Jahren im Handel zwischen den beiden Küsten tätig ist, erinnert sich: „In Trapani gab es früher hundert Boote, heute sind es nur noch zehn. Für die Zerstörung sind die Sizilianer verantwortlich. Wir können uns nicht beklagen, wir sind die Eindringlinge in diesem Gebiet. Wir sind seit zwanzig Jahren hier. Die Schleppnetzfischerei von Mazara hat irreparablen Schaden angerichtet“, fährt er fort. Heute fungiert er als Vermittler zwischen tunesischen Händlern und europäischen Unternehmen, wobei er weiterhin hauptsächlich mit dem italienischen und spanischen Markt handelt.

Schweißer in einer Werft in Bizerte, Tunesien. | Foto: ©Davide Mancini
Schweißer in einer Werft in Bizerte, Tunesien. | Foto: ©Davide Mancini

„Ich bleibe lieber hier, weil es in Italien zu viele Vorschriften gibt“, sagt er. Über eine Facebook-Seite postet er Videos und Fotos vom täglichen Fang in den Netzen der ihm bekannten tunesischen Fischer und kontaktiert Kunden in Italien. Er beliefert kleine Restaurants in Neapel, Ischia und Sorrent. Große Großhändler aus der Gastronomie und Hotellerie haben aber ebenfalls ein Auge auf den tunesischen Markt geworfen. Zu ihnen zählen Marr Spa (ein Unternehmen der Cremonini-Gruppe, einer der größten Produzenten und Verteiler von Fleisch und Fisch in Italien und europäischer Marktführer für die Verpflegung in Zügen wie dem Eurostar mit einem Umsatz von 5 Milliarden Euro pro Jahr) und Eurofish, Unternehmen mit Sitz in der Emilia Romagna, die Zehntausende von Restaurants, Weinkellereien, Hotels und Catering-Unternehmen in ganz Italien beliefern.

Andere italienische Unternehmen haben den Fischfang und die Verarbeitung von Sardellen nach Tunesien ausgelagert, wie z. B. Iconsitt aus Palermo und Delicious aus Parma, historische Marken, deren Produkte in vielen italienischen und europäischen Supermärkten zu finden sind.

Die Auslagerung der Fischerei in Länder außerhalb der EU ist zwar legitim und das Ergebnis des globalisierten freien Marktes, doch werden die Regeln, die zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit der Fischerei eingeführt wurden, in Ländern wie Tunesien nicht immer angewendet.

Hier sind mehr als 40.000 Menschen, ein Prozent der Bevölkerung, in der handwerklichen und industriellen Fischerei tätig. Das liegt auch am Mangel an alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten. Das Land hat „die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit“ erlebt, wie der ehemalige Wirtschaftsminister Hakim Ben Hammouda erklärte. Diese Mechanismen haben dazu geführt, dass die Fischbestände weit über die Kriterien der Nachhaltigkeit hinaus ausgebeutet werden, bis hin zum illegalen und irregulären Fischfang. Wie im Golf von Gabes, wo Hunderte von kleinen Fischerbooten, die theoretisch der handwerklichen Fischerei gewidmet sind, in sehr flachen Gewässern industrielle Schleppnetze einsetzen und die größten Prärien des Mittelmeers mit Neptungras (Posidonia oceanica),einer Pflanze, deren Vorhandensein notwendig ist, um die Gesundheit des Meeresbodens zu gewährleisten, zerstören

Die Nichtregierungsorganisation FishAct und die Organisation Environmental Justice Foundation weisen darauf hin, dass Produkte aus der illegalen Schleppnetzfischerei oft mit Produkten vermischt werden, die legal von industriellen Fischereifahrzeugen gefangen wurden, und mit gefälschten Zertifikaten bei den Exportfirmen ankommen, um dann ohne allzu viele Kontrollen in den EU-Ländern vertrieben zu werden. Das wurde auch durch mehrere Interviews, die im Golf von Gabes für diese Untersuchung durchgeführt wurden, bestätigt. 

Reparatur eines kleinen Fischerboots auf der Insel Kerkennah. Hunderte von kleinen Fischerbooten sind dazu übergegangen, illegal Schleppnetze zu verwenden, weil sie profitabler sind als die handwerkliche Fischerei. Foto: ©Davide Mancini
Reparatur eines kleinen Fischerboots auf der Insel Kerkennah. Hunderte von kleinen Fischerbooten sind dazu übergegangen, illegal Schleppnetze zu verwenden, weil sie profitabler sind als die handwerkliche Fischerei. | Foto: ©Davide Mancini

Der Europäische Rechnungshof weist die Kommission seit langem darauf hin, dass die Kontrollen der Mitgliedstaaten unzureichend sind, um zu verhindern, dass illegale Fischereierzeugnisse auf den Binnenmarkt gelangen. Insbesondere die papiergestützten Bescheinigungssysteme, die für die Einfuhr von Fischereierzeugnissen in die EU erforderlich sind, gelten als leicht fälschbar (wie FishAct und die Aussagen tunesischer Exporteure bestätigen).

Der Rechnungshof unterstreicht die Notwendigkeit, eine gemeinsame Datenbank für alle EU-Länder einzurichten, in der die von den Exporteuren in den einzelnen Ländern vorgelegten Fangbescheinigungen überprüft werden können, was derzeit nicht obligatorisch ist. Darüber hinaus fordert der Europäische Rechnungshof die Kommission auf, das System der Sanktionen bei Verstößen zu überprüfen, das derzeit nicht geeignet zu sein scheint, diejenigen, die mit illegal gefangenem Fisch handeln, von Regelverstößen abzuschrecken.

Laut einer Untersuchung der Koalition für illegale, irreguläre und unregulierte europäische Fischerei EU IUU Fishing Coalition (gebildet von mehreren Nichtregierungsorganisationen) sind die von den EU-Ländern durchgeführten Kontrollen bei der Einfuhr von Fischereierzeugnissen immer noch unzureichend. So hat Italien, einer der wichtigsten Importeure von Fischereierzeugnissen in Europa, im Zeitraum 2019-2020 mehr als 96.000 Fangbescheinigungen aus Nicht-EU-Ländern erhalten, von denen nicht eine einzige aufgrund von Regelverstößen zurückgewiesen wurde. Dieser Prozentsatz von 0 Prozent erscheint angesichts der allein im Jahr 2020 eingeführten Menge von 443 Tausend Tonnen unwahrscheinlich. Aber auch in den übrigen EU-Ländern wurden nur sehr wenige Fangbescheinigungen für importierten Fisch abgelehnt.

„Die Rückverfolgbarkeit ist vorhanden, aber sie ist schlecht gemacht. Was die Dokumentation angeht, ist hier alles Theater. Es gibt nicht genug Tierärzte in den Häfen, um die erforderlichen Fangbescheinigungen auszustellen. Ich kann mir vorstellen, dass die EU bei einer Situation wie in Tunesien ein Auge zudrückt. Warum sollte man den Hahn zudrehen? Sie lassen es hier geschehen, weil sie nicht vorbereitet sind. Hier gibt es viele kleine Häfen, viel handwerkliche Fischerei. Es ist kompliziert“, sagt ein ausländischer Exporteur, der seit vielen Jahren in Tunesien lebt und aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte.

„Aber die Lösung liegt nicht in Sanktionen aus Brüssel. Eine paternalistische Sichtweise ist nicht hilfreich. Ich sage seit Jahren: ‚Wenn man die Arten in Ruhe lässt, ohne zu viel Druck auszuüben, ist das allen zuträglich‘. Das scheint unmöglich zu sein, denn der kleine Fischer erwidert: ‚Und wie soll ich morgen meine Kinder ernähren? Soll ich ihnen sagen, dass sie einen Monat warten sollen?'“.

Wie schon im Vorspann des Films von Luchino Visconti zu lesen war: „Es ist dieselbe Geschichte, die sich seit Jahren in der Welt abspielt, in all den Ländern, in denen Menschen andere Menschen ausbeuten“. Allerdings kommt hinzu, dass das gemeinsame Meeresökosystem dem menschlichen Druck und der derzeitigen Ausbeutungsdynamik nicht mehr standhalten kann. Und dass die Verantwortung der Ausbeutenden und die Auswirkungen ihrer Aktivitäten entlang der Handelskette im Namen des „freien Marktes“ verwässert werden.

Jfund Europe logo
Dieser Artikel wurde mit Unterstützung vom Journalismfund Europe produziert

Sie sind ein Medienunternehmen, eine firma oder eine Organisation ... Endecken Sie unsere maßgeschneiderten Redaktions- und Übersetzungsdienste.

Unterstützen Sie Journalismus, der nicht an Grenzen Halt macht.

Nutzen Sie unsere Abo-Angebote oder stärken Sie unsere Unabhängigkeit durch eine Spende.

Zum gleichen Thema