Auf der Suche nach einer Königin

Veröffentlicht am 30 Oktober 2009 um 14:10

Wie in einem riesigen Ameisenhaufen geht es in der Europäischen Union zu. Tausende von Arbeiterameisen bewegen sich scheinbar ohne Ziel hin und her, rempeln einander an, irren chaotisch umher und drehen sich im Kreis… Jedoch hat die EU, ganz anders als das Ameisenreich, in dem alles der allmächtigen Königin untergeordnet ist, die selbstsicher ihre Macht ausübt, gerade erst damit angefangen, darüber nachzudenken, wer wohl ihr Anführer sein wird.

Die einen wollen, dass ein starker und charismatischer Politiker, wie der ehemalige britische Premierminister Tony Blair, den Job bekommt. Die anderen hätten lieber einen, der weniger auffällig ist, so wie Herr Mustermann, der Dinge leichter schluckt (und den man besser manipulieren kann). Gewöhnlich ordnet man den luxemburgischen Regierungschef Jean Claude Juncker und den Holländer Jan Peter Balkenende in dieser zweiten Kategorie ein.

Die im Wettbewerb liegenden Lager scheuen sich nicht davor, ganz dick aufzutragen, wenn sie über die wichtigsten Interessen Europas, den dringlichen Ausbau der weltweiten Position der EU oder die zu schützenden Interessen der kleineren Länder gegenüber den großen Staaten sprechen. All diese Argumente übergießen sie dann mit einer Solidaritäts-Soße, um sie anschließend heiß zu servieren. Allerdings handelt es sich dabei einzig und allein um ihre Machtspielchen.

Aus Angst vor einer Wiedergeburt der Vormachtstellung des Deutsch-Französischen Motors unterstützen die kleineren EU-Länder vielmehr die schwächeren und langweiligeren Kandidaten. Auch befürchten sie, dass sie zum Schutz vor derErderwärmung zu hohe Beiträge leisten müssten, oder dass Brüssel auf Kosten der Landesregierungen zu viel Macht bekäme. Auf der anderen Seite wollen sich die europäischen Schwergewichte von den Fesseln der Haushaltsdisziplin befreien und die EU auf einen neuen Weg bringen. Alle Parteien sind damit beschäftigt, ihre eigenen für sie geeignetsten Interessen zu verfolgen. Indem sie sich hinter den Kulissen zahlreiche Intrigen liefern, vergessen sie die gemeinsamen Interessen Europas…

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M.Z.

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