Transatlantisches Handelsabkommen

Ein gutes Geschäft für Cameron und Obama

Das Handelsabkommen zwischen der EU und den USA kommt vor allem David Cameron und den Vereinigten Staaten zugute: Für den britischen Premierminister ist es ein entscheidender Teil des Plans, mit dem er Unterstützung für die Beibehaltung Großbritanniens in der EU gewinnen will. Für die Obama-Regierung ist es ein wirtschaftlicher Sieg und eine Ankurbelung von Arbeitsmarkt und Exporten, meinen The Wall Street Journal und die deutsche Presse.

Veröffentlicht am 18 Juni 2013 um 15:46

Für The Wall Street Journal, ist die Ankündigung von Handelsgesprächen das Resultat einer monatelangen Kleinarbeit der britischen Diplomaten, die in den Hinterzimmern tätig waren, um sich nicht nur Unterstützung für das Handelsabkommen zu sichern, sondern auch um einen diplomatischen Staatsstreich des britischen Premierministers David Cameron vorzubereiten, der in seiner Funktion als Vorsitzender des G8-Gipfels in Nordirland zum Zug kommen sollte. Die Wirtschaftszeitung schreibt:

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Für Cameron ist die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) weit mehr als nur ein Handelsabkommen. Sie ist von zentraler Bedeutung für seine Kampagne, Großbritannien vor dem versprochenen Referendum von 2017 wieder mit seinem Status als EU-Mitglied zu versöhnen. [...] Cameron setzt darauf, dass eine erfolgreiche TTIP den Druck, unter welchem er die Bedingungen der britischen EU-Mitgliedschaft bis 2017 umfassend neu aushandeln soll, erheblich reduzieren wird [...]. Gleichzeitig bietet die TTIP einen politisch appetitlichen Weg für Cameron, Großbritannien direkt in den Mittelpunkt Europas zu stellen. Sein enthusiastischer Rückhalt für ein derart ambitioniertes Projekt trägt dazu bei, einen Teil des Misstrauens rückgängig zu machen, das durch seine falsche Handhabung entscheidender europäischer Beziehungen in der Vergangenheit entstanden war.

Für Die Welt nutzt [das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA] vor allem den US-Amerikanern”. Laut einer Studie des Umfrageinstituts Ifo im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, welche die Folgen eines solchen Abkommens für 126 Länder analysiert, würden in den USA

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1,1 Millionen Arbeitsplätze entstehen, das Pro-Kopf-Einkommen stiege um 13,4 Prozent. Nichtmitgliedern würde die Handelszone dagegen erheblich schaden. Die Länder der Freihandelszone würden dann nämlich weniger Waren aus anderen Ländern importieren [...]. Das beträfe vor allem das Pro-Kopf-Einkommen traditioneller Handelspartner der USA wie Kanada (minus 9,5 Prozent) und Mexiko (minus 7,2 Prozent).

Die Frankfurter Allgmeine Zeitung geht davon aus, dass durch das Abkommen der Austausch von Waren innerhalb Europas zurückgehen wird:

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Das Handelvolumen zwischen Deutschland und den südlichen Euroländern würde um 30 Prozent sinken [...], das mit Frankreich um 23 Prozent [...]. Der Handel zwischen Deutschland und Amerika würde sich dagegen fast verdoppeln. Die [1968 geschaffene Europäische] Zollunion wird in gewisser Weise entwertet.

Die Tageszeitung ihrerseits teilt die Befürchtung von 22 Nichtregierungsorganisationen, dass die Öffnung des europäischen Marktes die Errungenschaften des Verbraucherschutzes in Gefahr bringt:

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Mit Chlor desinfiziertes Hähnchenfleisch, geklonte Rinder und mehr gentechnisch veränderte Lebensmittel — all das droht den europäischen Verbrauchern.

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