Haben Sie etwa nicht so eine? Jachten im Hafen von Tivat, Montenegro.

Montenegro - Côte d'Azur der Zukunft

Mit großem Eifer bemüht sich Montenegro in die EU zu kommen. Das Image wird aufpoliert und der neue Hafen von Tivat soll im neuen Glanz strahlen, um wohlhabende Touristen ins Land zu locken.

Veröffentlicht am 26 August 2010 um 16:03
Alex FotoMoto/Flickr/CC  | Haben Sie etwa nicht so eine? Jachten im Hafen von Tivat, Montenegro.

"Besser als Saint-Tropez!", freut sichMontenegros PremierministerMilo Đukanović und blickt anerkennend auf die Jachten, die in der von Bergen eingerahmten Bucht an der adriatischen Ostküste vor Anker liegen. Kaum. Doch wenn es nach Đukanović und den ihn unterstützenden ausländischen Geschäftsleuten geht, dann könnte der heute erst zu 20 Prozent fertig gestellte Hafen von Tivat zum neuen Tummelplatz für die Superreichen werden – und zum Herzstück der gewagten Anstrengungen des Kleinstaats, sich vom Korruptionsimage zu säubern und die Aufnahme in die Europäische Union zu schaffen.

Als Teil des Plans, Investoren aus der ganzen Welt anzuziehen, gab Đukanović, der auch als Vorsitzender der Standortmarketinggesellschaft Montenegros fungiert, letzte Woche bekannt, jede Person, die bereit sei, 500.000 Euro oder mehr zu investieren, könne montenegrischer Staatsbürger werden. "Dies hier ist kein Ort für mittelmäßige Anlageprojekte", verkündete Đukanović einer Champagner nippenden Gesellschaft von führenden Persönlichkeiten aus Geschäftswelt und Politik mitsamt Gattinnen und Freundinnen, die am Samstagabend die Vollendung der ersten großen Bauphase des Hafenprojekts zelebrierte. "Montenegro", so sagte er, "wird eines der elitärsten Urlaubsziele der Welt werden."

Ausverkauf

Montenegro hat eine Bevölkerung von rund 670.000 Einwohnern, ist in der Größe etwa mit Connecticut vergleichbar und wurde erst 2006 unabhängig. Mit seinen grenzenlos scheinenden, jäh in die Adria abfallenden Gebirgsklippen ist Montenegro, wie es Lord Byron einmal ausdrückte, "die schönste Vereinigung von Land und Meer".

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"Dieses Land steht zum Verkauf", sagt Vanja Calovic, der Leiter von Mans, einer Korruptions-Überwachungsorganisation, die Transparency International angegliedert ist. "Montenegro verkauft alles, was es hat, und ich weiß noch nicht so recht, welchen Nutzen das Land daraus zieht."

Es besteht kein Zweifel, dass Đukanovićs Regierung Investoren gegenüber freundlich gesinnt ist. Die Umsatz- und Einkommenssteuersätze gehören mit 9 Prozent zu den niedrigsten in ganz Europa. Und um den Weg für das Tivat-Projekt zu ebnen, senkte das Parlament die Mehrwertsteuer für hafenbezogene Objekte von 17 auf 7 Prozent – ein Zug, der ihm von der Europäschen Kommission einen Rüffel wegen Wettbewerbsfeindlichkeit einbrachte. Das größte Unternehmen, KAP, eine Aluminiumfabrik, die etwa die Hälfte der Exporte des Landes erzeugt, wurde in einem immer noch umstrittenen Abkommen von 2005 an den russischen Investor und Milliardär Oleg Deripaska verkauft, der auch am Projekt Porto Montenegro minderheitsbeteiligt ist.

Die Befürworter der Regierung finden, dass kleine Länder wie Montenegro in einer Welt der wettbewerbsfähigen Investitionen alle Hebel in Bewegung setzen müssen, um ausländisches Kapital anzuziehen. Doch viele sind auch der Meinung, dass Đukanovićs chaotische Verkaufstüchtigkeit als solche schon eine ungehörige Mischung aus Business und Politik widerspiegelt, welche das Potential für Korruption und dubiose Geschäfte betont.

Korruption lässt sich nicht verkaufen

Đukanović bezieht gemäß den Angaben des Staatsarchivs nur 1.256 Euro pro Monat, doch Kritiker behaupten schon lange, dass der Ministerpräsident und andere Parlamentarier ihr niedriges Einkommen durch ein Netz von anderweitigen geschäftlichen Interessen aufbessern. Als Đukanović im Jahr 2006 sein Amt als Ministerpräsident vorübergehend niederlegte, jedoch im Parlament blieb, startete er eine Immobilien-Investmentgesellschaft, deren Geschäfte er allerdings nicht länger verwaltet.

Der 1,90 m große Đukanović ist eine eindrucksvolle Erscheinung und hält Montenegro seit 1991 fest im Griff, lange noch bevor es ein unabhängiges Land wurde. Seit dieser Zeit bekleidete er immer die eine oder andere leitende Position und absolviert heute seine sechste Amtszeit als Ministerpräsident. Dem Verband "Organized Crime and Corruption Reporting Project" zufolge gab Đukanović zu, in den 1990er Jahren in den Betrieb einer Zigarettenhandelsgesellschaft verwickelt gewesen zu sein, während des Kriegs nach dem Zerfall Jugoslawiens, doch er leugnet beharrlich jegliche illegalen Aktivitäten.

In ihrem Bericht von 2009 über Montenegros Status hinsichtlich eines EU-Beitritts schrieb die Europäische Kommission, die Exekutive der EU: "Korruption ist in vielen Bereichen noch verbreitet und bleibt ein ernsthaftes Problem". Laut Igor Luksic, stellvertretendem Ministerpräsident, hat die Regierung in ihrem Kampf gegen die Korruption Fortschritte gemacht und kürzlich einen Aktionsplan angenommen, um die Bedenken der EU anzugehen. Trotz des roten Teppichs, der für wohlhabende Ausländer ausgerollt wird, ist Montenegro kein Ort, an dem leicht Geld zu machen ist. Neben den Risiken, die die meisten europäischen Schwellenländern aufweisen, kann das Land den Investoren auch aufgrund seiner kleinen Größe und der eng miteinander verbundenen Insider bedenklich erscheinen. (p-lm)

Albanien

Albanischer Nationalismus gibt Athen zu denken

Vor ein paar Tagen wurde ein Grieche in der albanischen Stadt Heimaras ermordet. "Manche Websites haben seinen Mörder zum Helden gemacht",berichtetGiorgos Delastik in der griechischen Tageszeitung To Ethnos, die von einer „schweren anti-griechischen Stimmmung“ spricht, welche zudem von den albanischen Medien und den „manchmal feurigen Stellungnahmen“ des albanischen Ministerpräsidenten Sali Berisha angefacht werden. Die nationalistische Stimmung in Albanien sei durch den Entscheid des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, die Unabhängigkeit des Kosovo trotz des Einsatzes von Waffen als legal anzuerkennen, noch verstärkt worden. Delastik ist auch beunruhigt darüber, dass neben dem rassistischem Hass auch wirtschaftliche Interessen an griechischem Eigentum laut werden. Zuletzt erinnert er daran, dass diese gewaltreiche Stimmung auch durch die zahlreichen Fälle von misshandelten Albanern in Griechenland begünstigt wird.

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