Ungemütlicher Gipfel über Waffen und Handel

Veröffentlicht am 21 September 2012 um 13:27

„Der Gipfel der Bedeutungslosigkeit“titelt das Handelsblattnach dem EU-China-Gipfel vom 20. September in Brüssel. Eigentlich müsste das Treffen der Vertreter des größten und des drittgrößten Marktes der Welt wichtig sein, doch es wird ohne maßgebliches Ergebnis enden, meint die Düsseldorfer Tageszeitung. Nach 15 Jahren Diskussion über dieselben Themen – der erste Gipfel wurde 1998 abgehalten – wird China immer verbitterter über „die fehlende Handlungsfähigkeit der europäischen Institutionen. Van Rompuy hat nun einmal nichts zu sagen“.

Eine der Streitfragen ist das Waffenembargo, das die EU nach dem Massaker am Tian’anmen-Platz von 1989 über China verhängte. Der EUobserver berichtet, dass Wen Jiabao der EU in seiner Auftaktrede an EU-Präsidenten Herman Van Rompuy und José Manual Barroso unverblümt bedeutete, das Thema fallen zu lassen:

Ich muss Ihnen offen sagen – was die Aufhebung des Waffenembargos gegen China und die volle Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft angeht: Wir haben zehn Jahre lang hart gearbeitet, doch es ließ sich keine Lösung erreichen. Ich bedauere das sehr. Ich hoffe und glaube daran, dass die EU-Seite die Gelegenheit nutzen wird und bald die richtige Initiative ergreift, um dieses Problem zu lösen.

Die Nachrichtenwebsite aus Brüssel meint jedoch, dass das Verbot in der Praxis ohnehin missachtet wurde:

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EU-Länder erteilten 2010 Ausfuhrgenehmigungen nach China für Verteidigungsgüter im Wert von knapp 218 Millionen Euro. EU-Dokumenten zufolge kam der Löwenanteil daran aus Frankreich und Großbritannien: Flugzeug- und Bodenfahrzeugteile, elektronische Geräte, Geschosse und über 13 Millionen Euro an „chemischen oder biologischen Kampfstoffen, Reizstoffen für den Straßenkampf („Riot Control“) und radioaktiven Stoffen“.

DieChina Daily berichtet, das Ministerpräsident Wen auf einen EU-Investitionsvertrag drängt, der „günstige legale und politische Investitionsumfelder für Unternehmen“ garantiert. Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Europas heißt es in der staatlich geleiteten Zeitung:

Die EU ist Chinas größter Handelspartner, während China der zweitgrößte Handelspartner des Blocks und seine größte Einfuhrquelle ist. Der Handel belief sich 2011 auf 567,2 Milliarden US-Dollar (435,5 Mrd. €) und auch die chinesischen Investitionen in Europa stiegen letztes Jahr um 94,5 Prozent auf 4,46 Milliarden Dollar (3,42 Mrd. €). Doch die Geschäftsbeziehungen leiden auch unter der europäischen Schuldenkrise. Chinas Exporte nach Europa gingen im August um 12,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück, und dies den dritten Monat in Folge.

Das Handelsblatt betont hingegen, dass Peking in Europa ganz woanders anklopft, und zwar zuallererst in Deutschland. Berlin ist einer seiner größten Investoren und ist zudem bereit, technische Geheimnisse zu teilen:

Aus diplomatischen Kreisen in Peking ist immer wieder zu hören, dass die chinesische Führung am liebsten die Deutschen als offiziellen Ansprechpartner in der EU haben würde. Das Misstrauen der anderen 26 Mitgliedsstaaten nimmt unterdessen zu: Verschafft sich Deutschland einen Vorteil im Umgang mit China, indem es weniger auf Menschenrechte achtet und dafür umso großzügiger investiert?

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