Kapitel 2
Während sich Europas grüne Finanzwelt wichtig tut, geht es dem indonesischen Wald an den Kragen
Michelin sucht einen „grünen“ Partner in Indonesien
Michelin ist seit mindestens 2004 in Indonesien ansässig und suchte Anfang der 2010er Jahre einen lokalen Partner, um seine Präsenz in Südostasien zu stärken. Daher näherte sich der französische Reifenriese dem indonesischen Konzern Barito Pacific an. Das von dem Milliardär Prajogo Pangestu, der in Indonesien der „Holzkönig“ genannt wird, gegründete und geleitete Konglomerat (das heute auf Petrochemie und Energie spezialisiert ist) hat in Umweltfragen einen zweifelhaften Ruf. (Lesen Sie dazu Kapitel 1).
Laut Glenn Hurowitz, Generaldirektor der NGO Mighty Earth, fand der erste Kontakt zwischen den beiden Unternehmen Mitte 2013 statt, einige Wochen vor einem ersten Besuch von Verantwortlichen des Unternehmens Michelin vor Ort in der Provinz Jambi (Insel Sumatra) im Oktober 2013. Wie Hurowitz Voxeurop anvertraute, wurden ihm diese Daten von Hélène Paul, der damaligen Einkaufsleiterin bei Michelin, bestätigt.
Bei einem Telefongespräch beschrieb uns Hervé Deguine, Direktor für öffentliche Angelegenheiten bei Michelin, die Entstehung der französisch-indonesischen Partnerschaft folgendermaßen: „Alles begann damit, dass die Mitarbeiter von Barito technische Beratung wünschten, um ihre Naturkautschukproduktion effizienter zu machen. [...] Wir haben eine Zusammenarbeit vorgeschlagen, die auf eine nachhaltige Produktion ausgerichtet ist, damit nicht nur die Unternehmen, sondern auch die lokalen Gemeinschaften davon profitieren.“
Deguine fuhr fort: „Bei meinem ersten Besuch in Jambi im März/April 2014 wurde ich Zeuge einer massiven Entwaldung, größtenteils mafiösen Gruppen zuzuschreiben [...], die sich in großem Stil Land angeeignet hatten.“ Er stellte jedoch klar, dass er nicht persönlich bei Abholzungsaktionen zugegen war, die speziell von Lestari Asri Jaya (LAJ) durchgeführt wurden, der Tochtergesellschaft von Royal Lestari Utama (RLU), an der Michelin im Rahmen eines Joint Ventures mit Barito Pacific bald zu 49% beteiligt sein würde. „Für uns lautete die Frage nicht, wer den Wald gerodet hat“, fuhr er fort, „sondern wie wir Bauern, die immer von der Abholzung gelebt hatten – hauptsächlich, um Ölpalmen anzupflanzen – davon überzeugen konnten, ihre Einkommensquelle zu ändern, indem sie in unseren Produktionsgebieten Kautschukbäume anpflanzen und den verbleibenden Wald schützen, anstatt ihn weiter zu roden.“

Seit den 1980er Jahren und der Finanzialisierung der Wirtschaft haben uns die Akteure der Finanzwirtschaft gelehrt, dass sich hinter jeder Gesetzeslücke eine kurzfristige Gewinnmöglichkeit verbirgt. All das und mehr diskutieren wir mit unseren Investigativ-Journalisten Stefano Valentino und Giorgio Michalopoulos. Sie haben für Voxeurop die dunklen Seiten der grünen Finanzwelt aufgedeckt und wurden für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.
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