Presseschau Das Fanal für den Südosten

Das wirtschaftliche Auf und Ab in Südosteuropa

Trotz der Wirtschaftskrisen in vielen Ländern Europas verbessern sich Bulgariens Finanzen langsam. Anders als in Griechenland, wo das Wachstum stagniert.

Veröffentlicht am 4 Mai 2024 um 17:23

Die Volkswirtschaften Südosteuropas befinden sich weit außerhalb ihrer Komfortzone. Viele Länder der Region müssen die abgebrochenen Beziehungen zu Russland und die Auswirkungen des Krieges an ihren Grenzen verkraften. Gleichzeitig machen sie den Wechsel zu einer grünen Wirtschaft durch und müssen dabei versuchen, die Bedürfnisse der Arbeitnehmer - vom Landwirt bis zum Arzt - zu erfüllen. Einigen Ländern gelingt das gut, andere haben damit zu kämpfen.

Bulgariens Solarenergie und Stromexporte

Bulgariens Wirtschaft zeigt positive Anzeichen. So hat die grüne Energie, insbesondere die Solarenergie, einen neuen Produktionshöchststand erreicht. Evgeny Ahmadzai hat für die bulgarische Zeitung Capital Daten des staatlichen Stromnetzbetreibers analysiert, denen nach am 10. April 80 % des landesweiten Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden konnten. Eine Woche zuvor hatte Ahmadzai bereits über eine Premiere in der bulgarischen Energiewirtschaft berichtet: Zum ersten Mal entsprach der Anteil der erneuerbaren Energie mit 22 %, exakt dem der Kohleproduktion.


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Bulgarien ist außerdem nicht nur ein „ernst zu nehmender Stromexporteur” für die Nachbarländer, sondern hat auch einen enormen Anstieg seiner Gesamtexporte zu verzeichnen. Vera Denizova berichtet ebenfalls für Capital, dass sich die bulgarischen Exporte in den letzten 10 Jahren (2013-2023) verdoppelt und in den letzten 20 Jahren fast versiebenfacht haben. 40 % der bulgarischen Exportgüter sind heute Rohstoffe.

Ohne Bauern kein Sonnenschein

Während Bulgarien also von Sonnenenergie profitiert, macht Griechenland offenbar Fehler beim Ausbau von Solaranlagen. So berichtet Georgia Anagnou für die griechische Medienplattform Solomon darüber, dass der griechische Staat nicht wie gesetzlich vorgeschrieben, über den Anteil der Flächen informiert, die durch Fotovoltaikanlagen belegt werden, sodass die griechischen Landwirte befürchten, dass das Limit bereits erreicht ist und sie sich dafür „bei ihren Kindern entschuldigen müssen.”

Unterdessen ist die landwirtschaftliche Produktion in Moldawien zurückgegangen. Die moldauische Zeitung Ziarul de Gardă betont jedoch, dass die Weintrauben des Landes nach einem außergewöhnlichen Wachstum in den letzten Jahren zum meistverkauften Obst im Ausland geworden sind.

Der Traum vom Essen gehen

Trotz der Verdoppelung seiner Exporte hat Bulgarien noch immer die niedrigste Kaufkraft in der EU, noch niedriger als die in Griechenland. Aphrodite Giantzis von der griechischen Tageszeitung Efimerida ton Syntakton erklärt anhand von Eurostat-Daten, dass Griechenland 33 % hinter dem EU-Durchschnitt liegt. Wenn der Abwärtstrend anhält, könnte Griechenland seine Position bald mit Bulgarien tauschen.

„Während Bulgarien den Abstand zum Rest der EU immer weiter verringert und inzwischen 64 % des europäischen Durchschnitts erreicht hat (vor zehn Jahren waren es noch 46 %), rutscht Griechenland immer weiter ab”, bemerkt Giantzis. Laut jüngsten Daten des Instituts des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) sind die Reallöhne in Griechenland innerhalb von zwei Jahren (2022-2023) um fast 9,4 % gesunken. Der Lohnverlust ist damit doppelt so hoch wie im europäischen Durchschnitt.

Ein kleiner Trost für Griechenland ist vielleicht, dass es nicht das einzige Land in Südosteuropa ist, das mit sinkender Kaufkraft zu kämpfen hat. Wie die Tageszeitung Cumhuriyet berichtet, haben zahlreiche türkische Bürger am 20. und 21. April Cafés und Restaurants boykottiert, weil „Restaurantbesuche aufgrund der hohen Inflation und der finanziellen Schwierigkeiten für viele zu einem Traum geworden sind”. 

Zypern hingegen ist eines der Länder der Region, dessen Wirtschaft seit Jahren floriert. Der Wirtschafts- und Finanzjournalist Kyriacos Nicolaou von der Tageszeitung Cyprus Mail berichtet, dass die Ratingagentur Capital Intelligence Ratings den Ausblick für das langfristige Fremdwährungsrating (LT FCR) von stabil auf positiv hochstufen wird. Der Grund dafür ist, dass „die Regierung weiterhin ihr Schulden- Fälligkeitsprofil steuert, um die Refinanzierungsrisiken zu verringern und gleichzeitig einen wachsenden Liquiditätspuffer anlegt, um kurzfristigen Schocks und externen Anfälligkeiten zu begegnen”, wie die Agentur lobt. 


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