Ideen Nach der Korona-Krise

Die Corona-Krise und der Weg zu einer Globalisierung, die wir alle brauchen

Der Coronavirus ist eine der dringendsten und existenziellsten globalen Herausforderung, die unsere Welt seit Generationen erfahren hat. Wie nie zuvor hat sich gezeigt, wie sehr unsere Welt wirtschaftlich, technologisch, politisch und ökologisch vernetzt ist. Manche Leute betrachten die Globalisierung als Bedrohung. Andere sehen unsere einzige Hoffnung in ihr. Klar ist : Wir sollten sie neu erfinden und jeder sollte sich aktiv daran beteiligen.

Veröffentlicht am 19 August 2020 um 14:00

Man sagte uns, es gebe "Gewinner" und "Verlierer" der Globalisierung. Arbeiter, Landbevölkerung oder ältere Generationen wurden als Verlierer gebrandmarkt. Gleichzeitig galten die Eliten und Hipster, die Bio-Kaffee schlürfen, sowie städtische Technikfreaks als Gewinner. Allerdings Es hat sich herausgestellt, dass diese binäre Aufteilung und die damit verbundene Erzählung in den meisten Fällen eine reine Fiktion und sogar eine Art Ablenkungsmanöver war. In Wirklichkeit werden  wir - trotz der überwältigenden Ungleichheiten - alle Verlierer, wenn wir uns nicht den existenziellen Bedrohungen stellen, mit denen  wir konfrontiert werden. Das zeigen die Coronavirus-  und die Klimakrise schmerzvoll. Die derzeitige Krise hat gezeigt, dass wir alle physisch betroffen sind, zumal wir auf einem Planeten leben und ein gemeinsames Schicksal teilen, das wir selbst bestimmen können. Wenn diese Krise endlich vorüber sein wird, werden wir alles wiederaufbauen müssen. Dann werden wir eine neue Version der Globalisierung erfinden müssen, die sich unsere gegenseitige  Abhängigkeit zunutze macht.  

Die Schlüsselfrage lautet: Wie können wir uns von der aktuellen Version der Globalisierung bzw. vom Isolationismus verabschieden, und den Weg in eine neue Ära des Win-Win-Globalisierung wagen?

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Wo sollen wir anfangen? Bereits während der Corona-Krise erlebten wir, wie sich Menschen weltweit näherten.  Sie sangen auf Balkonen, brachten Schutzbedürftigen das Nötigste, machten online-Kochkursen und teilten virale Geschichten.  In diesen harten Zeiten zeigten die  MenschenSolidarität und Mitgefühl.Langfristig betrachtet, bergen diese Verbindungen ein starkes Potenzial. Manche mögen dies als banal ansehen, aber diese Verbindungen sind die Grundlage für unseren Neuanfang. Wir fingen damit an, uns gegenseitig zu bestätigen, indem wir die Herausforderungen und Standpunkte der Anderen anerkennen.  

Als nächstes müssen wir uns gegenseitig Kraft geben.Während alle Menschen gleich geboren werden und ein enormes und unerschlossenes Potenzial besitzen, sind die Bedingungen zur Entfaltung dieses Potenzials ungeheuer ungleich. Der Umgang mit Ungleichheiten wird uns in die Lage versetzen, das menschliche Potenzial freizusetzen, das in Armut und Unterdrückung gefangen ist. Dadurch werden wir unsere Talente besser einsetzen können, um bessere Lösungen für unsere globalen Herausforderungen zu finden.

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Wenn wir uns der wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe dieser Krise stellen wollen, brauchen wir ein Modell, das sich mit unseren globalen Herausforderungen befasst und gefährdeten Gemeinschaften hilft, so dass keine Gesellschaft in einer Abwärtsspirale gefangen ist. Wir stecken alle gemeinsam in dieser Situation, daalsonn müssen wir auch Hand in Hand zusammenarbeiten und jeden Einzelnen mit einbeziehen.

Ungleichheit und materielle Armut werden auch durch Machtarmut verursacht: Viele Menschen sind nicht in der Lage, bestimmte wichtige Dinge in ihren Gesellschaften und sogar in ihrem eigenen Leben zu beeinflussen.Viele veraltete Konzepte müssen beiseitegelegt werden. Viele neue Ideen müssen entwickelt werden. Die von uns benötigte Globalisierung setzt auf eine verstärkte Beteiligung der Bürger und ein neues politisches System, das auf Machtverteilung, kooperative Führung und partizipative Demokratie setzt.Anstatt Macht zu benutzen, um Abhängigkeiten zu schaffen, bei welchen die Machtlosen von den Mächtigen abhängig sind, sollte die Macht zwischen den Menschen so verteilt und genutzt werden, dass sie Wechselwirkungen zwischen ihnen fördert und sie be-mächtigt. Anstatt uns davon zu überzeugen, ihrer Vision zu folgen, sollten wahre Führungskräfte, alles in die Wege leiten, damit wir uns den Herausforderungen stellen können. Auf diese Weise können die Talente aller Menschen unserer Gemeinschaft ausgeschöpft und dieses gemeinsame kollektive Potenzial genutzt werden. 

Wie machen wir das? Beginnen Sie mit sich selbst. Sind Sie in Ihrer Gemeinschaft aktiv? Machen Sie Ihr(e) Führungskraft für sein (ihr) Handeln bzw. für Ihr Nichtstun verantwortlich? Sind Sie anderen gegenüber rechenschaftspflichtig? Suchen Sie eine Organisation in Ihrer Nachbarschaft, die sich für eine Win-Win-Globalisierung einsetzt, und werden Sie Mitglied. Wie finden Sie eine solche Organisation? Schauen Sie sich ihre Werte und Aktionen an. Bringt sie Menschen auf integrative Weise zusammen? Ist die Macht unter den Mitgliedern gerecht verteilt? Oder ist sie nur da, um ihnen zu dienen? Sind sie  von ihr abhängig? Haben Sie wegen Ihrer Arbeit keine Zeit dafür? Dann ändern Sie etwas an  Ihrem Arbeitsplatz:ersuchen Sie, ihn machtgebender und verantwortlicher zu gestalten. Sind Sie bereits Mitglied einer Organisation? Helfen Sie bei ihrer Weiterentwicklung und werden Sie selbstAkteur des Wandels, den wir heute brauchen. Wenn Sie eine führende Position innehaben, überlegen Sie, wie Sie die Menschen, mit denen Sie arbeiten, am Entscheidungsprozess beteiligen können. Schafft Ihr Handeln neue Wege? Trägt Ihr Handel zur Verwirklichung von anderen Menschen bei? Oder schafft es nur eine neue Art von Abhängigkeit? Werden Sie ein Verfechter dieser neuen Methode. Mit einfachen Worten: Die Win-Win Globalisierung beginnt mit Ihnen in Ihrer lokalen Gemeinschaft. 

Ganz gleich, wo Sie sich befinden oder welche Position Sie haben: Sie können Ihre Führungsqualitäten ausüben, indem Sie andere Menschen in die Entscheidungsprozesse involvieren. Es geht nicht um Titel, es geht nur darum, was Sie tun und wie Sie es tun. Motivieren, begeistern und involvieren Sie Menschen, die noch nie zuvor aktiv waren. Geben Sie ihnen die Gelegenheit, zu lernen und zu leiten. Bilden Sie neue Führungskräfte aus. Und zeigen Sie ihnen dann, wie man wieder anderen Kraft und Macht gibt.

Um die Win-Win Globalisierung zu verwirklichen, müssen wir uns diese neue Denkweise zu eigen machen. Das gilt insbesondere für diejenigen, die nach leitenden Positionen streben. Die gute Nachricht dabei ist, dass wir bereits über die notwendigen Konzepte und Werkzeuge verfügen: Gemeinsames Organisieren, bürgerschaftliches Engagement, soziale Innovation, anpassungsfähige Führung. –  Diese Konzepte konzentrieren sich auf die Stärkung von allen und gut verteilte Macht, damit wir die Talente unserer gesamten Gemeinschaft und nicht nur eines kleinen privilegierten Anteils entwickeln und nutzen können.

Barack Obama sagte einmal: "Veränderung wird nicht kommen, wenn wir auf eine andere Person oder auf eine andere Zeit warten. Wir sind die, auf die wir gewartet haben. Wir sind die Veränderung, nach der wir suchen.". Wenn nicht Sie, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann?

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