Fragen Sie nicht, was Europa für Sie tun kann – sagen Sie uns, was Sie für Europa tun können

​Am 5. Mai, stellt New Europeans ihre neue Mitgliederplattform vor und lädt Sie ein, Ihren Teil zum Schutz von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit in Europa beizutragen.

Veröffentlicht am 5 Mai 2021 um 11:08

Am 5. Mai feiert der Europarat, die älteste und umfassendste Organisation der europäischen Integration mit 47 Mitgliedsstaaten, sein 72-jähriges Bestehen.

Mit den Worten der Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić, „ist es sehr leicht, unsere Grundrechte als selbstverständlich anzusehen, aber es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass sie die Art und Weise, wie wir in Europa leben, in einem sehr kurzen Zeitraum verändert haben.“ (Rede vor der Europäischen Schule in Straßburg, Februar 2021).

Um zu verstehen, wie weitreichend die Transformation der europäischen Gesellschaften war, lohnt es sich anzusehen, was in Bezug auf die Todesstrafe geschehen ist. Als der Europarat gegründet wurde, hatte nur eine Handvoll europäischer Staaten sie abgeschafft. Heute ist Europa fast eine todesstrafenfreie Zone, mit Ausnahme von Belarus (ein Nicht-Mitglied des Europarates).

Heute sind die wichtigsten Protagonist:innen im Bemühen, Europa als einen sicheren Raum für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu verteidigen, nicht die nationalen Regierungen oder internationalen Institutionen, sondern die Bürger:innen selbst.

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Auf der einen Seite sehen wir die Macht derjenigen, die von Angst und Wut oder von nationalen Gefühlen, Nostalgie und sogar Hass zu einer Politik der Ausgrenzung getrieben werden. Auf der anderen Seite den Mut derer, die gegen den Verlust ihrer Rechte, soziale Inklusion oder das Schrumpfen des zivilen Raums protestieren.

Zwischen diesen Mobilisierungen liegt eine vergleichsweise schweigende und passive Mehrheit. Wie machtlos ist die schweigende Mehrheit, wenn es darum geht, echte Veränderungen zu bewirken? Das ist eine Frage, mit der wir uns bei New Europeans beschäftigen, während wir daran arbeiten, eine Bürgerrechtsbewegung von Bürger:innen und Nicht-Bürger:innen aufzubauen, die ihren Beitrag zur Zukunft Europas leisten möchte.

Die Herausforderung für eine paneuropäische Organisation wie New Europeans besteht darin, dass viele Menschen in Europa sagen werden: „Warum sollte ich mich darum kümmern, was haben die Ereignisse in Polen, Ungarn, Dänemark, Frankreich oder Großbritannien mit mir zu tun?“  Das ist unsere Antwort darauf: "Bis es etwas mit dem einzelnen Menschen zu tun hat, wird es zu spät sein, etwas dagegen zu tun."

Heute, am Europatag, startet New Europeans sein neues Mitgliedschaftsmodell und lädt Bürger:innen und Nicht-Bürger:innen ein, sich uns anzuschließen, um gemeinsam mit uns einen Beitrag zur Sicherung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit in Europa zu leisten.

Zu den Rechten, die durch die Europäische Menschenrechtskonvention geschützt werden, gehören neben dem Recht auf Leben auch das Recht auf Freiheit und Sicherheit, der Schutz unserer Privatsphäre, das Recht auf ein faires Urteil durch ein unabhängiges Gericht, die Möglichkeit, uns frei zu äußern, uns in Vereinen zu organisieren und die Freiheit des religiösen Glaubens auszuleben.

Viele dieser Rechte sind heute in Europa bedroht, auch innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU. In Orbans Ungarn ist die Pressefreiheit so gut wie nicht mehr vorhanden. Die polnische Justiz wird von der polnischen Regierung untergraben, während in Großbritannien drakonische Maßnahmen durch das Parlament gejagt werden, um die Vereinigungsfreiheit einzuschränken. In Frankreich und Dänemark bedrohen neue Sicherheitsgesetze die Grundrechte.

Wie diese Beispiele deutlich machen, sind die wichtigsten Bedrohungen für die Menschenrechte in Europa heute nicht die Handlungen von Einzelpersonen und nichtstaatlichen Akteuren, sondern die von Regierungen – Regierungen, die die Rechtsstaatlichkeit abbauen, die Demokratie untergraben, Bürgerrechte wie das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit abschaffen und den zivilen Raum aushöhlen.

Die Europäer kamen nach dem Krieg zusammen, um eine neue Gesellschaft aufzubauen, in der Krieg nicht mehr möglich sein würde. Der Holocaust lehrte auch die politischen Anführer der Nachkriegszeit, dass Europa ein sicherer Raum für die Menschenrechte werden musste. Heute, an dem Tag, an dem wir 72 Jahre Europarat feiern, müssen wir uns auch daran erinnern, dass dieses noble und notwendige Projekt noch lange nicht abgeschlossen ist. 

Es darf keine halben Sachen geben, wenn es um den Schutz der Menschenrechte geht, und wir sollten auch keine Rückschritte bei dem akzeptieren, was bereits erreicht wurde. 

Die Kampagnen für die Rechtsstaatlichkeit in Polen, die Zukunft der Demokratie in Ungarn, das Recht auf Protest in Großbritannien oder für bürgerliche Freiheiten in Frankreich und Dänemark sind keine kleinen Angelegenheiten, die nur die Bürger:innen der betreffenden Staaten interessieren. Jedes einzelne Ringen ist viel mehr als das. Jeder ist Teil eines größeren Ringens um die Seele Europas, um unsere europäische Identität.

Wir glauben, dass die Zukunft Europas als sicherer Raum für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nicht vorrangig von den Aktionen der Staaten und der internationalen Gremien abhängt, so wichtig diese auch sind, sondern von den Aktionen der Bürger:innen. In der Tat hängt es vom Engagement der Bürger:innen und Nicht-Bürger:innen ab, von allen, die bereit sind, dabei zu sein und gezählt zu werden.

Es waren Bürger:innen, nicht Regierungen, die in der "Fridays for Future"-Bewegung auf die Straße gingen, um international drastischere Maßnahmen gegen den Klimawandel zu fordern. Und es werden die Bürger:innen sein, die über die Zukunft der Demokratie in Europa entscheiden, von der unsere gemeinsame Zukunft, Frieden, Wohlstand und die Widerstandsfähigkeit des europäischen Modells abhängen.

Kurz nach der Veröffentlichung der Wahlergebnisse des Brexit-Referendums am 23. Juni 2016, kam es zu einem Anstieg der Google-Suchanfragen nach den Wörtern „Europäische Union“. Zu diesem Zeitpunkt war es zu spät, etwas für den Verbleib Großbritanniens in der EU zu tun – die Entscheidung war bereits gefallen.

Es gibt in vielen Sprachen eine bekannte Redewendung, die besagt: „Man weiß nicht, was man hat, bis es weg ist." Können es sich die Europäer:innen leisten, das auf die harte Tour herauszufinden?

Wenn dieser Artikel Sie dazu gebracht hat, darüber nachzudenken, was Sie für Europa tun können, warum treten Sie dann nicht New Europeans bei? Die Organisation beginnt zeitgleich mit dem Europatag ihre neue Möglichkeit der Mitgliedschaft auf der Plattform Steady. Um sich als neues Mitglied anzumelden, klicken Sie hier.


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