Das Geheimnis der drei Prozent endlich gelüftet

Veröffentlicht am 28 September 2012

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Dieser Tage legen die Länder der Eurozone Sparhaushalte vor, um ihre Haushaltsdefizite unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu bringen, wie es die gemeinsame Währung verlangt. Und nun enthüllt Aujourd’hui en France die „unglaubliche Geschichte der Entstehung“ dieses Grenzwerts. Die Tageszeitung machte den Mann ausfindig, der „auf Wunsch von [Staatspräsident] François Mitterrand diese symbolträchtige Zahl aus dem Ärmel zauberte“.

Guy Abeille, 62, ehemals ein hochrangiger Funktionär bei der [französischen] Haushaltsverwaltung, „ist der Erfinder eines Konzepts, das alle Regierungen, ob rechts oder links, seit drei Jahrzehnten einhämmern: Das Haushaltsdefizit darf nicht mehr betragen als drei Prozent des Volksvermögens“. Er erzählt:

Auf diese Zahl sind wir in knapp einer Stunde gekommen, sie entstand auf die Schnelle, ohne jegliche theoretische Überlegung. Mitterrand brauchte eine einfache Regel, die er den Ministern entgegenhalten konnte, die ständig in seinem Büro erschienen und Geld wollten. [...] Wir brauchten etwas Einfaches. Drei Prozent? Das war eine gute Zahl, eine Zahl, die durch die Epochen gegangen ist, das erinnerte an die Dreieinigkeit.

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Die Tageszeitung betont den ausgefallenen Charakter dieser Anekdote: „Das Ironische daran ist die Tatsache, dass sich die Technokraten in Brüssel an diesen drei Prozent inspirierten, um eine andere Regel aufzustellen: Sie [wird vom neuen EU-Haushaltsvertrag vorgegeben,] ist ebenso fälschlich rational und verpflichtet dazu, das Strukturdefizit der Staaten auf 0,5 Prozent zu begrenzen. Warum nicht ein oder zwei Prozent? Das weiß keiner so recht.“

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