E pluribus unum?

Veröffentlicht am 21 August 2009 um 13:58

Man kann nur schwer über ein geeintes Europa nachdenken, ohne Vergleiche mit den Vereinigten Staaten anzustellen. Ganz in Anspruch genommen vom endlosen Streit um die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages, der Erweiterung der Euro-Zone oder der Gestaltung der Außenpolitik der EU, vergessen wir Europäer leicht, dass es die amerikanische Verfassung war, die den Grundstein für einen starken amerikanischen Staat gelegt hat. Die USA waren ursprünglich nur ein loser Staatenbund, bis 1792 hatten sie keine gemeinsame Währung und über 100 Jahre ihrer Existenz hatten sie überhaupt keine Außenpolitik.

Was Amerika später zum Erfolg führte war nicht nur das Traumbild der Gründungsväter sondern auch das von anonymen Kolonisten, die den Atlantik in der Hoffnung überquerten, dort ihr Glück zu finden oder eine bessere Neue Welt aufzubauen. Aus nationalen und kulturellen unterschiedlichen Herkünften haben die Amerikaner über die Jahre einen starken Sinn für Einheit und amerikanische Identität entwickelt.

Europa ist von seiner letzten Erweiterung und der Weltwirtschaftskrise ausgelaugt und wird nun durch unterschiedliche nationale Interessen und dem Fehlen einer langfristigen Vorstellung in individueller und nationaler Hinsicht entzweit. Die Kluft zwischen den Vermögenszentren und den armen Peripherien schließt sich nur langsam. Den Reichen fehlt es wahrscheinlich an Interesse und den Armen an Mitteln, um den Vorgang zu beschleunigen oder einfach nur zu definieren. Europa hält gerne an dem Gedanken fest, eine Soft Power zu werden und vergisst dabei, dass Kraft durch Einheit kommt und eine Vision braucht – ganz nach dem amerikanischen Motto: E pluribus unum, oder "aus vielen Eines".

T.J.

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