Athen, halb eins, die Frisur sitzt nicht. Ein böser Seitenwind ärgerte gestern die Kanzlerin nach ihrer Landung in Athen und vermasselte die Fotos, als hätte Äolus den Sack mit den ungünstigen Winden geöffnet.
Es war eine dramatische Landung, live im Fernsehen übertragen, das hatte eine Anmutung von der Landung von Sadat in Israel oder von Nixon in China, eine Dramatik, die überraschte und die nicht nötig gewesen wäre.
Es ist schade, dass diese Reise so spät kommt. Immerhin freute sich die Kanzlerin beim Händeschütteln an der Landebahn über ein bekanntes Gesicht: „I remember“, konnte man sie flöten hören. Das ganze Kabinett war angetreten samt Premierminister, gleich am Rollfeld standen sie Spalier. Das sah weniger nach Protokoll aus als nach Panik. Der griechische Mitkommentator auf [dem deutschen Nachrichtensender] Phoenix sagte dazu: „Das hat es nur mal für de Gaulle gegeben, glaube ich.“ Merkel und die Griechen, das ist schon eine echte Beziehungskiste, und gestern war endlich Familienaufstellung.
Aus Athen
Besuch ohne Überraschungen, weder gute noch schlechte
„Jene, die sich vom Besuch der Bundeskanzlerin Geschenke erhofften, sollten besser auf das Jahresende warten. Sie haben nämlich mehr Chancen, etwas vom Weihnachtsmann zu bekommen als vom Deutschen Bundestag in einem Wahljahr“, schreibt I Kathimerini nach der Stippvisite Angela Merkels am Vortag in Athen. Für die griechische Tageszeitung hat Angela Merkel im Laufe ihres alles in allem „positiven“ Besuchs den Griechen eine „doppelte Botschaft“ übermitteln wollen:
Sie hat gesagt, dass die Griechen nicht die einzigen auf dem schwierigen Pfad der Wirtschaftsreformen sind und dass die Regierung ihre Strukturreformen fortsetzen müsse.
Die Tageszeitung To Vima betont ihrerseits, dass die Proteste gegen den Besuch der Kanzlerin...
... weit hinter den Erwartungen geblieben sind und mit Sicherheit geringer ausfielen als ansonsten im Laufe der vergangenen drei Jahre. Den meisten Menschen ist klar, dass das Land wieder aufgebaut werden muss und von einem korrupten und verschuldeten Staat nichts zu erwarten ist. Die meisten Haushalte verfolgen schon seit drei Jahren ihren eigenen Sparkurs.
Für To Ethnos bestätigt der Besuch, ...
... dass in unserem Land die Zeichen auf Entspannung in der Beziehung zu Deutschland stehen. Und dass die Kanzlerin bereit ist, uns bei unseren Bemühungen zur Krisenbewältigung zu unterstützen. Über die Zahlung der 31,5-Milliarden-Tranche dürften keine Zweifel mehr bestehen.