Analyse Krieg in der Ukraine

Wie belarussische Medien Putins Kriegspropaganda verbreiten

Alexander Lukaschenko hat die unabhängigen Medien seines Landes verboten und verbreitet nun offen die Propaganda des Kreml, beklagt die regierungskritische belarussische Zeitung Reform. Die Unterstützung der Belarussen für die Ukraine hat daraufhin bereits deutlich abgenommen.

Veröffentlicht am 20 Oktober 2022 um 11:44

Die jüngsten Umfragen zur Haltung der Belarussen zum russisch-ukrainischen Krieg sind besorgniserregend, aber nicht überraschend. Nachdem die unabhängigen Medien in unserem Land praktisch ausgelöscht wurden, hätte das Ergebnis kaum anders ausfallen können.

Die Zahlen sind in der Tat erschreckend: 21,1 % bzw. 20,3 % der Befragten befürworten das Vorgehen Russlands in diesem Krieg voll und ganz oder zumindest eher. 41,3 % der Belarussen stellten sich im September dieses Jahres also auf die Seite des Kreml, der einen aggressiven Krieg gegen seinen Nachbarn führt. Zwar ist eine knappe Mehrheit immer noch gegen das Vorgehen Russlands (34,6 % und 12,7 %, stimmen dem Vorgehen Russlands nicht oder eher nicht zu). Dennoch ist hier eine besorgniserregende Tendenz zu beobachten.

Im März dieses Jahres waren noch 61,8 % der Befragten dagegen, dass die russische Armee das belarussische Territorium und seine militärische Infrastruktur für ihren Krieg nutzt. Im September waren es nur noch 51,4 % und während im Mai 2022 50,3 % der Befragten mit der Ukraine sympathisierten, waren es im September lediglich noch 33,9 %. Mittlerweile sympathisieren dagegen 32 Prozent mit Russland, im Mai waren es nur 21,1 Prozent.

Während im März und Mai 85 % eine völlig oder eher ablehnende Haltung gegenüber der Beteiligung der belarussischen Armee am Krieg hatten, waren es im September nur noch 80,9 % der Befragten; 9,5 % waren sogar dafür. 

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Es ist also offensichtlich, dass die Unterstützung für die Ukraine in unserer Gesellschaft im Laufe des Sommers deutlich abgenommen hat. Außerdem sind die Belarussen zunehmend unsicher, auf wessen Seite sie sich in diesem Konflikt stellen sollen.

Die Gründe für diese Veränderungen liegen auf der Hand: Die belarussischen Medien wurden von Russland besetzt. “Russlands Welt" dringt über das Fernsehen und die Seiten der staatlichen Medien in die Köpfe der Belarussen ein. Die Propaganda des Regimes ist schon lange nicht mehr pro-belarussisch, sondern spiegelt die Sicht des Kreml wider.

Die Gesellschaft ist seit über sechs Monaten einem unglaublichen Druck seitens der russischen Propaganda ausgesetzt. Da sie keine anderen Informationsquellen mehr haben, verlassen sich viele Belarussen auf das, was sie auf dem Bildschirm zu sehen bekommen. Und langsam aber sicher beginnen sie daran zu glauben, denn ein großer Teil der Gesellschaft denkt noch immer, dass Medien nicht so offensichtlich lügen können.

Sie wissen nicht, dass es in unserem Land das, was in anderen Teilen der Welt üblicherweise als Medien bezeichnet wird, schon lange nicht mehr gibt. Was heute die Gehirne der belarussischen Bürger berieselt, ist eine gewaltige Propagandamaschine, die weitgehend von Moskau und nicht von Minsk aus gesteuert wird.

Die durch Umfragen aufgedeckten Veränderungen in den Köpfen der Belarussen sind das Ergebnis der systematischen Unterdrückung unabhängiger Medien, die die belarussischen Behörden nach 2020 durchgeführt haben.

Dutzende unabhängige Medien wurden geschlossen oder mussten ins Exil gehen. Dreißig belarussische Journalisten sitzen heute hinter Gittern. Unabhängige Quellen sind blockiert oder schwer zugänglich. …

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