Einer macht sich auf dem Weg zum Posten des Ministerpräsidenten. Foto: AFP

Wie weit kann Wilders gehen?

Die Kommunalwahlen vom 3. März waren vom Durchbruch der Partei für die Freiheit (PVV) geprägt. Die Wahl stellte einen Test für die Parlamentswahlen am 9. Juni dar, bei denen der populistische islamfeindliche Parteichef seinen Erfolg ausnutzen will. Die Frage ist noch, wie das niederländische System, das auf Konsens basiert, den Schock verarbeiten wird.

Veröffentlicht am 4 März 2010 um 15:40
Einer macht sich auf dem Weg zum Posten des Ministerpräsidenten. Foto: AFP

Für die Provinzstadt Almere und Den Haag ist das Ergebnis der Kommunalwahlen vom 3. März ein politischer Umbruch. In den beiden Städten, in denen er angetreten ist, hat sich die PVV (Partei für die Freiheit) des Populisten Geert Wilders, die zum ersten Mal an solchen Wahlen teilnahm, von einem Tag auf den anderen als neuer unumgänglicher Akteur erwiesen: in Almere ist Wilders Partei die Siegerin, in Den Haag ist sie Zweite. Teilweise erwartete man natürlich ein solches Ergebnis, dennoch ändert es nun die Gesamtsituation der niederländischen Politik.

Bis jetzt hat sich die PVV als eine Partei dargestellt, die dröhnende Deklarationen mehrfach wiederholte, sich aber wenig für Regierungsverantwortung interessierte. Von vielen seiner Äußerungen, wie der Bußgeldzahlung oder dem Verbot, einen Schleier zu tragen, weiß man im Vorhinein, dass sie in den Niederlanden nicht durchsetzbar sind. Jetzt aber, wo er wahrscheinlich in der Regierung der beiden Städte mitmischen wird, stellt sich die große Frage, ob die PVV eine Randpartei bleiben oder ob sie im derzeitigen politischen System Aufgaben übernehmen wird. In diesem Falle wird man sich an so unerfreulichen Fragen stoßen wie der Umsetzung des angekündigten Politkurses und pragmatische Entscheidungen treffen. Je mehr Gewicht eine Partei gewinnt, desto mehr wird ihre Glaubwürdigkeit zwangsläufig auf die Probe gestellt.

Nicht gerade die mutigste Strategie

Man sagt häufig, dass die PVV eine Wirklichkeit erschafft, die so nicht existiert; dennoch wird zumindest für ihre Wählerschaft eine Wirklichkeit angeprangert, die sie offensichtlich nicht will. In Almere wohnen nicht viele Muslime, was die Wähler der PVV aber auch nicht davon abgehalten hat, eine islamfeindliche Partei zu wählen. Anscheinend stellen sie sich eine dunkle Zukunft vor, oder eine, die dem ähnelt, was sie gekannt haben, bevor sie in diese neue Stadt umsiedelten.

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Man hat Wilders häufig sein strategisches Vorgehen vorgeworfen, seine Partei nur in zwei Städten zu den Kommunalwahlen antreten zu lassen. Ein wenig mutiges Vorgehen, das seine Anhänger aber akzeptieren. Die meisten der anderen Parteien treten übrigens auch nicht in allen Städten an. Für Rotterdam hat Wilders seinen Parteigängern vorgeschlagen, die populistische Partei Leefbaar Rotterdam zu wählen, die einen Gewinn verzeichnet und in der Vergangenheit gezeigt hat, dass sie nicht vor der Regierungsverantwortung zurückschreckt.

Wieviel PVV erträgt das politische System?

Nach dem Erfolg bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im letzten Juni und den Kommunalwahlen vom 3. März wird eine Frage die Parlamentswahlen vom 9. Juni beherrschen: Wie wichtig wird die PVV wirklich werden? Häufig unterscheidet sich das Wahlverhalten bei Kommunalwahlen von dem bei Parlamentswahlen. Tatsächlich war die Beteiligung schwach (56 Prozent) und vielleicht wird die Stimme dieses Protestes erst bei den Wahlen vom 9. Juni richtig laut werden.

Wichtiger noch als die Frage der Größe der PVV ist die der Belastbarkeit des niederländischen politischen Systems: Wie kann das Land mit seiner Tradition der Koalitionsregierungen eine PVV verkraften, die die drittgrößte oder gar die größte Partei ist? Die einzig mögliche Antwort ist die, dass man lernen muss damit umzugehen, denn wir haben schließlich kein besseres System.

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